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Das Wort Jazz hängt in grossen Buchstaben auf die Bühne. Dahinter steht Inge Brandenburg als junge Frau und hält die Arme zu Flügeln ausgebreitet.
Legende: Inge Brandenburg - grandios und verkannt. Edition Salzgeber

Musik Inge Brandenburg - die Möglichkeit einer Jazzkarriere

Es hätte eine grosse Karriere werden können: Wenn die Sängerin Inge Brandenburg ein paar Zugeständnisse mehr gemacht hätte, weniger sperrig gewesen wäre, und die Zeit eine andere - dann hätte sie ein Star werden können.

CD-Tipp der Sendung Apéro auf DRS 2

Inge Brandenburg wird 1929 in Leipzig geboren. Ihr Vater ist ein Kleinganove, ausserdem Kommunist, damals eine tödliche Mischung. Er stirbt im Konzentrationslager, die Mutter kann die Familie nicht alleine durchbringen, so dass die Kinder in Erziehungsanstalten kommen. 1945 reisst Inge aus und schlägt sich durch in die amerikanische Besatzungszone - mutterseelenallein.

Die deutsche Billie Holiday

Mit den amerikanischen Besatzern kommt eine neue Musik nach Deutschland, der Jazz, und Inge Brandenburg ist wissbegierig. Sie singt in Ami-Clubs und lernt schnell: erstens Englisch, und zweitens die Songs, den Swing, das amerikanische Entertainment.

Sie geht nach Schweden, bleibt acht Monate statt vier Wochen. Als sie zurück nach Deutschland kommt und in einem Club in Frankfurt singt, wird sie vom Platz weg für das deutsche Jazzfestival engagiert. Die jungen Jazzmusiker nehmen sie sofort in ihren Kreis auf. Inge Brandenburg singt mit den besten: mit den Gebrüdern Mangelsdorff, mit Klaus Doldinger, bald auch mit den Rundfunk-Orchestern von Kurt Edelhagen und Erwin Lehn.

Die Jazzszene hat plötzlich zwei hochklassige Sängerinnen, quasi das deutsche Pendant zum Zweigestirn Ella Fitzgerald/Billie Holiday: Die luftig-leichte und unbeschwerte Caterina Valente und Inge Brandenburg, die wie ihr Vorbild Billie Holiday einen schweren Rucksack zu tragen hat, der in jedem Ton spür- und hörbar ist.

Höhepunkt und Absturz einer Karriere

Film-Tipp

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«Sing! Inge, sing! - Der zerbrochene Traum der Inge Brandenburg» von Marc Boettcher, MB-Film, 2011. ( Trailer auf YouTube)

Sie ist gefragt, kann aufnehmen, auf Festivals auftreten und grössere Plattenlabels werden auf sie aufmerksam. Die allerdings wollen eine Schlagersängerin, wollen Geld verdienen, aber die Brandenburg lässt sich nicht verbiegen - und beides zusammen geht nicht. So schnell wie ihr Aufstieg ist nun auch der Abstieg.

Der Rest ist schnell erzählt: Inge Brandenburg hat Alkoholprobleme, und damit will man sie nicht mehr engagieren. Auch die Musiker distanzieren sich von ihr. Ein oder zwei Mal versucht sie ein Comeback, doch es reicht nicht mehr. Inge Brandenburg ist vergessen, der Jazz längst vom Rock ‘n‘ Roll abgelöst, niemand will ihr mehr zuhören.

Zu ihrer Beerdigung 1999 sollen sechs Leute gekommen sein.

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