Zum Inhalt springen
Video
Shirley Grimes live im «Song Salon»
Aus Kultur Extras vom 02.04.2015.
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 26 Sekunden.

Musik «Irischer Folk und amerikanischer Country sind wie Cousins»

Zwei Bands, dieselben Wurzeln: Die Chercheurs d'Or aus Quebec spielen eine Melange aus Folk und Country, die in Bern lebende Irin Shirley Grimes spielt mit ihrer Band neuen irischen Folk. Im Gespräch erzählen die Musiker, warum Neil Young ein Vorbild ist und Death Metal zu ihren Einflüssen gehört.

Shirley Grimes, wenn Sie den Chercheurs d'Or zuhören, hören Sie die gemeinsamen Wurzeln?

Shirley Grimes: Ja, auf jeden Fall. Die irische Folklore und die amerikanische Country- und Folk-Musik, das sind enge Verwandte. Ich würde sagen, sie sind Cousins: Die irische Musik ist die Basis für die amerikanische.

Shirley Grimes

Box aufklappen Box zuklappen

Shirley Grimes stammt ursprünglich aus Irland, wohnt aber seit geraumer Zeit in der Schweiz. Seit 1993 hat sie sieben Alben aufgenommen, mit wechselnden Musikern. Die neusten beiden CDs, «The Long Road Home» und «Love Songs», markieren eine deutliche Rückkehr zur Folklore ihrer Heimat.

Shirley Grimes hat klare Wurzeln in der irischen Folklore. Wie ist das bei Ihnen, François Gagnon?

François Gagnon: Als ich Chercheurs d'Or gegründet habe, spielten wir traditionelle nordamerikanische Musik, und die hat schon ihre Verbindung mit Irland und England, wie Shirley sagt. Aber wir haben uns davon fortbewegt. Wir haben zu viele verschiedene Einflüsse, wenn man den individuellen Geschmack der Miglieder anschaut – vom traditionellen Folk über Pop, von den Beatles zum Death Metal – und die fliessen alle irgendwie in unsere eigenen Lieder ein. Wir spielen also Songs aus den 1930er-Jahren, aber auch Songs von Lou Reed.

Aber nennen Sie das, was Sie spielen, noch Folklore?

François Gagnon: Anfangs war es das sicher, und die Folklore gefällt uns immer noch: das Rebellische daran, diese Melodien, die klingen, als wären sie schon immer dagewesen. Heute passen andere Definitionen besser zu uns. Uns gefällt die Idee von Roots Music, eine Musik, die in der Vergangenheit verankert ist, aber nicht nur. Vielleicht passt Popmusik mit traditionellen Instrumenten ganz gut zu uns.

Video
Les Chercheurs d'Or live im «Song Salon»
Aus Kultur Extras vom 02.04.2015.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 40 Sekunden.

Shirley Grimes, wie würden Sie Ihre eigene Musik bezeichnen?

Shirley Grimes: Wenn ich dazu gezwungen werde, meine Musik zu kategorisieren, dann nenn ich sie zeitgenössische irische Musik. Das Fundament meines Hauses ist die irische Musik, die Wände, die Einrichtung und die Möbel kommen aber aus meiner Zeit. Gut, ein paar Einrichtungsgegenstände borge ich mir bei der Vergangenheit.

Sie betonen Ihre irischen Wurzeln. Im Verlauf Ihrer Karriere haben Sie sich nach dem ersten recht traditionellen Album davon entfernt – und nun wieder zurückgefunden. Warum?

Les Chercheurs d'Or

Box aufklappen Box zuklappen

Les Chercheurs d'Or sind ein Quintett aus Quebec. Sie singen ausschliesslich im lokalen Dialekt des Französischen. Bislang sind zwei CDs erschienen, an einer dritten wird gerade gearbeitet.

Shirley Grimes: Nun, eine starke Verankerung in der irischen Musik bringt Vor- und Nachteile. Einerseits ist das wie eine Reissleine, wenn man die Orientierung verloren hat; andererseits sind die Vorbilder aus der Vergangenheit so gross, dass man viel Mut braucht, um seine Sachen neben diesen uralten Songs zu spielen.

Ich hab früh meine irische «Comfort Zone» verlassen und dachte, ich würde mich so als Singer/Songwriterin entwickeln. Und ich denke, es war absolut notwendig, mich so herauszufordern, denn sonst hätte ich mich nicht entwickeln können. Ich wollte irische Musik spielen, weil ich das will, und nicht, weil ich von dort komme. Darum habe ich mich fortbewegt. Irgendwann habe ich dann aber doch gemerkt, dass mir die irische Musik fehlt. Und nun habe ich den Kreis fertig und bin wieder bei meiner Tradition angekommen.

Shirley Grimes spricht von der Herausforderung, seine eigenen Sicherheiten aufzugeben. François Gagnon, kennen Sie das?

François Gagnon: Sicher, wir versuchen ständig, uns zu erweitern. Wir sind immer noch am Experimentieren. Darum gefallen uns Figuren wie Neil Young, der stets nur der eigenen Nase folgt und dabei fast mit jedem Album ein neues musikalisches Gesicht präsentiert. So weit sind wir nicht, aber manchmal muss man – wie Shirley sagt – seine Comfort Zone verlassen, um sich selbst zu finden.

Meistgelesene Artikel