Sie covern Pop- und Reggae-Songs: In Benins Hauptstadt Cotonou spielt der Gitarrist und Sänger Serge Ananou mit seiner Band in Cafés und Bars. Eines Tages müssen sie das Café verlassen. Der Besitzer bevorzugt eine Jazzband. Seitdem sind dort nur noch Herren in schicken Anzügen zu sehen.
Musik für alle
Nach dem Rausschmiss aus der Bar beschliesst Serge Ananou professioneller Musiker zu werden. Der Wunsch, seine eigene Musik zu realisieren, lässt ihn nicht mehr los. Um das nötige Handwerkszeug zu erlernen, geht er 2006 nach Paris und absolviert dort ein Jazz-Studium.
Von Anfang an weiss er, was für eine Art von Musik er kreieren will: einfache Akkorde, Klänge, die im Arrangement Jazz-Anleihen haben und für alle zugänglich sind – egal ob nun für seine Mutter, seine kleine Schwester oder für die Marktfrau von Cotonou.
An Menschen auf der Flucht erinnern
Serge Ananou hat sein Debüt «Bonou» genannt. «Bonou» bedeutet übersetzt: «weine nicht». Der Titel zeugt von Ananous sozialem Engagement. Damit erinnert er an Menschen auf der Flucht. Jene Menschen, die tausende Kilometer zurücklegen. In der Hoffnung, eine neue, sichere Bleibe zu finden.
Als Zeitzeuge bringt er die Flucht im Titelsong zur Sprache und setzt sich kritisch damit auseinander: «Wir können doch nicht tatenlos die Augen vor dieser Realität verschliessen», argumentiert er. «In Paris begegnen mir jeden Tag so viele Flüchtende aus Syrien und Eritrea.»
Minderheiten werden beschützt
Früh prägen Erfahrungen mit seiner kleinen Albino-Schwester Ananous Bewusstsein für Belange von Minderheiten und Randgruppen: Wenn er mit ihr auf der Strasse in Cotonou unterwegs ist, halten seine Landsleute an und geben ihr Geschenke.
«In unserer Vodoo-Kultur», erklärt er, «werden Minderheiten wie Albinos beschützt. In manchen Ländern Afrikas werden sie zwar wie Tiere gejagt und sogar getötet. Bei uns aber sind sie einzigartige Wesen. Bei uns wacht der Gott Vodoun Lissa über den Albinos.»
Den Song «Lissa» auf seinem aktuellen Album hat Ananou seiner Schwester gewidmet. Lissa bedeutet in seiner Sprache Albino.
Wurzeln in Voodoo und Christentum
Mit dem Song «Danhomin», so hiess Benin früher und bedeutet «im Bauch der Schlange», besinnt sich der 37-jährige Musiker auf seine Wurzeln und lädt den Hörer auf eine musikalische Reise nach Benin ein.
Serge Ananou wächst in der Stadt Cotonou auf. Dort kommt er früh mit traditioneller Musik in Berührung.
Der erste Schritt in die Voodoo Welt für Ananou: ein Initiationsritus als Baby. In Benin seien verschiedene Religionen und Glaubensrichtungen miteinander vereinbar, erklärt er. Man könne sowohl einer Voodoo-Zeremonie beiwohnen als auch die katholische Kirche besuchen.
Die Kirche als Brücke
Die Kirche spielt eine wichtige Rolle in Serge Ananous Musikerziehung. Sie stellt eine Verbindung zwischen seiner einheimischen Tradition und der westlichen Welt her.
Als Kind singt Ananou im Chor, spielt Perkussion und lernt auch neue, westliche Instrumente kennen: Gitarre, Klavier und Schlagzeug. Er fängt mit der Perkussion an und wechselt dann zur Gitarre – zu seinem Hauptinstrument.
Mit seinen Mitstreitern, dem Saxophonisten Alexandre Jouvie, Bassisten Kévin Heano, Schlagzeuger George Dièmes und Gitarristen Maxime Lombo, bringt der engagierte Musiker aus Benin dem Hörer nun eine gelungene Fusion von Einflüssen aus seiner Heimat und Jazz nahe.