Song Salon in Stans mit Olivia Pedroli und Anaïs Mitchell (Videos: Christian Walther)
Olivia Pedroli, Sie haben Ihre Karriere mit dem Pseudonym «Lole» angefangen und dann zu Ihrem bürgerlichen Namen zurückgewechselt. Warum?
Olivia Pedroli: Das Pseudonym gefiel mir damals, weil man nicht genau wusste, ob das ein Junge oder ein Mädchen sei. Es war schön, was wir damit erreicht haben. All die grossen Auftritte, die Konzerte und Kontakte, die ich dabei knüpfen konnte. Doch irgendwann hab ich gemerkt, dass ich mit meiner Musik noch anderes wollte. Einfach weitermachen wie bisher – da wäre es mir langweilig geworden. Ich wollte wachsen, hatte Lust auf andere Klänge.
Ihre Musik wurde persönlicher. Sind Sie daher zu Ihrem Namen zurückgekehrt?
Genau. Wenn ich einen neuen Weg einschlage, meine Musik anders gestalte, dann muss ich auch dazu stehen, dass ich das bin. Also schien es logisch, meinen Namen zu verwenden. Ich musste öffentlich zu diesem Kurswechsel stehen.
Und die Musik hat sich tatsächlich verändert.
Ja, ich wollte weg von der Standard-Formation der Rock- und Popmusik. Also habe ich erst einmal auf die elektrische Gitarre verzichtet, dann Schlagzeug und Bass weggelassen – und plötzlich gab es diesen grossen Raum für andere Instrumente. Ich wollte unbedingt Arrangements für Bläser und für Streicher schreiben. Ich habe ja auch meine Wurzeln in der Klassik, habe Geige studiert. Und dieser neue Mix aus Folk, der Klassik, aus dem Experiment und Elektronik, gefällt mir.
Wenn man Artikel über Sie liest, ist aber immer noch von Folkmusik die Rede. Dabei visieren Sie ein anderes Territorium an.
Es stimmt, die Beschreibung passt besser zu «Lole» als zu meinen letzten beiden CDs. Dennoch bleibt meine Arbeit grundsätzlich dieselbe. Ich schreibe meine Lieder zur Gitarre oder am Klavier und ich kann sie auch so live spielen – wie wir das im Song Salon Stans gemacht haben.
Für die CDs wird eine neue klangliche Architektur gebaut. Ich habe für die beiden CDs unter eigenem Namen mit dem isländischen Produzenten Valgeir Sigurðsson gearbeitet; er hat mit grossen Namen wie Björk gespielt. Valgeir hat grosse Erfahrung darin, wie man die verschiedenen Klangwelten zusammenbringt, die mir vorschweben. Er ist ein grosser Alchemist.
Dennoch, der Namen- und Stilwechsel, das ist kein einfacher Karriereweg, den Sie eingeschlagen haben.
Das stimmt, aber warum auch nicht? Diese Musik bin ich. Klar, es bedeutet einen gewissen Verzicht auf Popularität oder Geld. Aber, wenn wir ehrlich sind, fand der grosse Erfolg als «Lole» mehrheitlich in der Romandie statt. Nun merke ich, dass es gibt ganz viele musikalische Nischen gibt, für die sich Menschen auf der ganzen Welt interessieren. Leute in Japan oder in Russland werden auf meine Musik aufmerksam. Es bleibt eine Nische, aber eine andere.