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Ein Mann mit weissem Bart und schwarzem Zylinder.
Legende: Dank der Banda kommen Giuseppe Verdis Opern im 19. Jahrhundert unters Volk. Wikimedia

Musik Opern auf dem Dorfplatz: Verdi und die Blasmusik

Verdis Opern strotzen vor Bläserklängen, die an ländliche Dorfkapellen erinnern. Das ist kein Zufall: Die Blasmusik ist im Italien des 19. Jahrhunderts weit verbreitet. Sie ist es auch, die Verdis Opernmelodien unters Volk brachte.

Sendungen zum Verdi-Jahr

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Am 9. oder 10. Oktober vor 200 Jahren (das genaue Datum ist unbekannt) wurde der italienische Komponist Giuseppe Verdi geboren. Sendungen zu diesem Anlass:

Verdi und die Blasmusik (Parlando, 6.10.2013)

Verdis «Othello» (Musikabend, 6.10.2013)

«Un ballo in maschera» (Diskothek, 7.10.2013)

Ein Nationalheld wird 200 (Reflexe, 10.10.2013)

Die Banda, wie die Blasmusik in Italien heisst, kommt nach der französischen Revolution mit Napoleon nach Italien. Das kleine Orchester aus Laienmusikern entspricht dem damaligen Zeitgeist: Es verkörpert das Ideal der Gleichheit und ist gewissermassen die musikalische Stimme des Volkes.

Die Banda verbreitet sich in Italien in Windeseile und ist bald von Como bis Catania an jedem Dorffest zu hören. Sie wird zu einem derart wichtigen Bestandteil des öffentlichen Lebens, dass sie sogar den Sprung ins Opernhaus schafft.

«Die Banda weckt die Aufmerksamkeit»

Die so genannte «Banda sul palco», die Blaskapelle auf der Bühne, ist ein Markenzeichen der italienischen Oper. Bellini, Donizetti, Verdi: Sie alle integrieren die Blasmusik in ihre Opern.

Der Auftritt einer Banda auf der Bühne habe eine wichtige dramaturgische Funktion, erklärt der italienische Musikwissenschaftler Renato Meucci: «Die Banda unterbricht die Handlung, sie weckt neu die Aufmerksamkeit und verschafft dem Bühnengeschehen einen Live-Charakter.» Man denke an die Siegesfeier in der «Aida». Oder an «Rigoletto», wo eine Banda am Fest des Herzogs von Mantua aufspielt.

Klangexperimente in der Banda

Giuseppe Verdi hat selber hautnah Kontakt mit einer Banda: Als junger Musikdirektor seiner Heimatstadt Busseto leitet er auch die philharmonische Gesellschaft, die vorwiegend aus Bläsern besteht.

Verdi zieht es zwar bald wieder nach Mailand. Doch die Arbeit mit der Banda habe ihn geprägt, sagt Renato Meucci: «Im Gegensatz zu den professionellen Orchestern waren die Blaskapellen aus Laienmusikern offen für Innovationen und darum ideale Experimentierfelder.»

So kommen etwa die ersten Blechbläser mit Klappen in den Dorfkapellen zum Einsatz. Es ist laut Meucci davon auszugehen, dass Verdi als Leiter der Banda von Busseto wichtige Erfahrungen mit diesen neuen Blechbläsern sammelt. Dass Verdi der Banda-Klang gefallen haben muss, lassen seine Opern vermuten: Die «Nabucco»-Ouvertüre oder die «Aida»-Trompeten erinnern unweigerlich an Blasmusik.

Arien auf dem Dorfplatz und in der Kirche

Den Blaskapellen hat Verdi auch zu verdanken, dass das Volk seine Opern überhaupt kennt. Im 19. Jahrhundert können sich nur wenige Menschen einen Theaterbesuch leisten. Die Meisten lernen Verdis Opern auf dem Dorfplatz kennen – als Blasmusik-Arrangements. In einer Zeit, in der es weder Radio noch Fernseher gibt, kommen Verdis Arien nur dank der Banda unters Volk. Und dank der Orgel: Jüngste musikwissenschaftliche Forschungen zeigen, dass die Opernarien sogar in der Kirche gespielt werden: Die Violetta-Arie aus «La Traviata» als Orgelspiel im Gottesdienst – zu Verdis Lebzeiten durchaus üblich.

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