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Musik Star-Intendant Gerard Mortier ist mit 70 an Krebs gestorben

Die Oper- und Theaterwelt trauert um Gerard Mortier. Der grosse Opernintendant ist in der Nacht auf Sonntag «im Kreise von Freunden und Familie» gestorben – er wurde 70 Jahre alt. Mortier war zuletzt in Madrid tätig, lange Jahre war er Intendant der Salzburger Festspiele.

Der Opern- und Theaterintendant Gerard Mortier ist in der Nacht zum Sonntag in Brüssel im Alter von 70 Jahren seiner Krebserkrankung an der Bauchspeicheldrüse erlegen; die Diagnose kam im vergangenen Jahr. Mortier galt als einer der bedeutendsten Musikmanager Europas, aber auch als Enfant terrible der Szene. Er war ein furchtloser Kämpfer und Störenfried, der für die Modernisierung der Oper oft gegen Widerstand ankämpfte.

Zwei Männer sitzen auf einem Sofa und blättern in einem grossen Notenheft.
Legende: Gerard Mortier (links) mit Charles Wuorinen (Komponist von «Brokeback Mountain») am Teatro Real im Oktober 2013. Javier del Real/Teatro Real

Zuletzt war der Belgier in Madrid tätig: Er hatte 2010 die künstlerische Leitung am traditionsreichen Teatro Real übernommen, wurde aber im vergangenen Jahr – drei Jahre vor Vertragsende – durch den Katalanen Joan Matabosch abgelöst. Seine Ära als Intendant ging mit der Inszenierung von «Brokeback Mountain» zu Ende, danach war er am selben Haus als Berater tätig.

Von Salzburg bis Paris

Mortier wuchs in einer flämischen Bäckerfamilie auf, in Gent studierte er Jura, später Kommunikationswissenschaften. Seine künstlerische Karriere startete er als Assistent des Flandern-Festivals, zwischen 1973 und 1980 arbeitete er in Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und Paris. 1981 übernahm er für zehn Jahre die Bild in Lightbox öffnen. Leitung der Brüsseler Oper La Monnaie. Gemeinsam mit dem musikalischen Leiter Sylvain Cambreling modernisierte er das Haus und machte es international bekannt.

1991 wurde Mortier Intendant der Salzburger Festspiele, er sollte das Festival einem jüngeren Publikum erschliessen und für das 21. Jahrhundert fit machen. Bei seiner Nomination rümpften die Traditionalisten empört die Nase. Kein Wunder, hatte der junge Mortier doch gesagt, bei der Oper denke er «nur an Krankenpflege», und prophezeite, sie werde als Kunstform untergehen. Unter seiner Ära wurden 25 Opern des 20. Jahrhunderts in Salzburg aufgeführt. Danach gestaltete Mortier den ersten Zyklus der RuhrTriennale von 2002 bis 2004, anschliessend leitete er bis 2009 die Pariser Oper.

Per Zufall nach Madrid

Ab 2009 sollte Mortier die Leitung der New York City Opera als General Manager und Artistic Director übernehmen, doch nach drastischen Budgetkürzungen des Hauses nahm er davon Abstand und ging 2010 nach Madrid. Er steckte sich hohe Ziele, und das Teatro Real, das nicht zu den ersten Adressen in der Welt der Oper gehörte, zu einem führenden Häuser Europas machen. Allerdings bekam er im hoch verschuldeten Madrid bald die Auswirkungen der Finanzkrise zu spüren.

Gerard Mortier 2003 in Bochum im Bühnenbild der «Zauberflöte».
Legende: Gerard Mortier 2003 in Bochum im Bühnenbild der «Zauberflöte». Keystone

Kurz nach Bekanntgabe seiner Krebskrankheit im vergangenen Sommer wurde Mortier im Herbst nach einer grossen Auseinandersetzung durch den Katalanen Joan Matabosch abgelöst. Der Belgier machte dabei seinem Ruf, Konflikte nicht unbedingt aus dem Weg zu gehen, alle Ehre.

Das Vorhaben des Madrider Kulturministeriums, einen Spanier zu seinem Nachfolger zu machen, kritisierte er scharf. «In Spanien sehe ich aber niemanden, der infrage käme», sagte er damals barsch. Dennoch blieb Mortier – der in Deutschland in ärztlicher Behandlung war – dem Opernhaus am Plaza Isabel bis zuletzt als Berater verbunden.

Arbeitete bis zuletzt weiter

«Er war zweifellos derjenige, der die Welt der Oper in den vergangenen Jahren am stärksten beeinflusst und verändert hat», sagte Mortiers letzter Chef, Gregorio Marañón, Stiftungspräsident des Teatro Real, nach Bekanntwerden des Todes.

Aufgrund des Krebsleidens war Mortier sichtlich abgemagert, arbeitete aber so gut wie es ging weiter. «Ich habe zwar Krebs, bin aber noch nicht tot, auch wenn dies einigen gefallen würde», hatte er im letzten September den Verantwortlichen des Opernhauses geschrieben. «Ich werde kämpfen.» Nun hat er diesen Kampf verloren.

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