Die Spirituals Gospels waren die Klagesongs der Sklaven. Ihre Spuren reichen bis ins 17. Jahrhundert zurück. Diese Urform, eine Mischung aus christlichen Texten und afrikanische Gesängen und Rhythmen, war die Basis für die modernen westlichen modernen Musikstile – allen voran für den Blues.
Der Gospel verschwand aber nach der Geburt des Blues nicht einfach, sondern entwickelte sich ebenfalls weiter. Oft stand er wieder unter dem Einfluss seiner eigenen «Kinder», wie Country, Pop und Rock.
Hip-Hop für Christen
In den 1980er-Jahren kam die Hip-Hop-Kultur und Rapmusik auf. Diese waren Ausdruck der jungen Afroamerikaner, die in den ärmlichen Stadteilen der US-Grossstädte lebten. In den Texten wird das harte Leben der Strasse geschildert und nicht selten auch Gewalt verherrlicht, wie im Gangsterrap.
Junge Afroamerikaner, die den Fängen der Ghettos zu entrinnen versuchten, fanden manchmal in den Kirchengemeinden Zuflucht. Sie brachten ihre Vorliebe für Rapmusik und modernen R’n’B mit und vermischten sie mit dem traditionellen Gospel. Der Prediger wurde zum MC («Master of Ceremony») und die Bands spielten sattere Beats.
Heiliger Gottesdienst oder Unterhaltung?
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Konservative Christen standen dem Einfluss urbaner Unterhaltungsmusik kritisch gegenüber: Es sei immer noch ein Gottesdienst und keine Performance, so die Haltung. Dennoch: Gospelkünstler wie Tramaine Hawkins oder Kirk Franklin avancierten zu regelrechten Stars, die ihrer Musik auch viel Sexappeal verpassten. Und obwohl der Unterhaltungsfaktor vermehrt junge Afroamerikaner in die Kirchen lockte, mussten sie sich trotzdem lange gegenüber den Gospel-Puristen verteidigen.
Der Urban Gospel macht in den USA die Kirche für junge Leute attraktiver und zugänglicher. Aber der Groove-orientierte Urban Gospel bringt auch eine Vielzahl fantastischer Musiker hervor, die es später oft in die Bands der grossen Stars schaffen.
Insbesondere die Schlagzeuger, die das «Gospel Drumming» beherrschen, sind sehr beliebt. Ihr dynamisches Spiel und das Wechseln zwischen einer satten, gleichmässigen 4/4-Begleitung und komplizierten Drum-Breaks sind auf grossen Bühnen sehr effektvoll. Wenn also in der Band von beispielsweise Beyoncé oder auch von Paul McCartney ein afroamerikanischer, kraftvoller Schlagzeuger sitzt, dann kann es gut sein, dass er sein Handwerk in der Kirche gelernt hat.