Drummer-Legende Billy Cobham ist 69 Jahre alt. Die spielerische Wucht des 30-Jährigen ist Geschichte. Macht ihn das zum nostalgischen Superhelden, der seine Blütezeit längst hinter sich hat? Cobham winkt ab: «Gewisse Dinge, die ich gespielt habe, klingen heute grauenhaft für mich. Aber damals habe ich die Musik so gehört. Heute höre ich anders, also spiele ich anders.» Legendenstatus und Selbstwahrnehmung klaffen offensichtlich auseinander.
Cobhams Vermächtnis
Billy Cobham etablierte vor vier Jahrzehnten eine Marke und füllt damit heute noch Konzerthallen. Selbst-Recycling im Stil der Rolling Stones ist aber nicht sein Ding. Was möchte Billy Cobham der Nachwelt zurücklassen? «Es ist nicht so, dass es mir egal wäre», sagt er nach kurzem Überlegen. «Aber meine Musik ist in ständigem Wandel, ich spiele und nehme Alben auf. Es ist alles da. Wenn ich weg bin, kann die Welt damit machen, was sie will. Das ist völlig in Ordnung.»
Kunst der Reduktion
Cobham erinnert sich leicht belustigt an die 70er-Jahre, als er das Spektakel zelebrierte. Heute interessiert ihn, wie er Noten weglassen kann, ohne den Effekt von damals zu verlieren. Dies hat er von der Rockmusik gelernt: «Als ich in den 90er-Jahren mit Peter Gabriel vor 80'000 Fans spielte, habe ich die Rolle des Rock-Schlagzeugers erst richtig verstanden. Du musst ein Meister des Weglassens sein, damit du bis in die hinterletzte Reihe durchkommst. Vergiss all die verrückten Wirbel und Spässchen. Du setzt dich musikalisch nur durch, wenn du einfach und klar spielst.» Interessant, dies vom perkussiven Pyrotechniker Cobham zu hören.
Cobhams kosmopolitische Welt
Ende der 70er-Jahre verlässt Billy Cobham seine Heimatstadt New York und bleibt in der Schweiz hängen. Er will eigentlich nur sechs Wochen bleiben. Daraus werden 30 Jahre. Cobhams Rückzug aus dem atemlosen Big Apple ist ein bewusster: «Es war zu viel los. Alle kämpften um dasselbe Stück Kuchen, ohne sich zu überlegen, was sie genau wollten. Ich wusste, mir würden mit der Zeit alle Sicherungen durchbrennen. Ich wollte die Freiheit haben innezuhalten. Die Schweiz war ein Ort, wo ich das konnte.»
Heute plant Cobham seine musikalischen Eroberungszüge vom Berner Seeland aus. Die Reise führt ihn öfter nach New York und in die ganze Welt hinaus als in die Schweiz selbst. Verkehrte Welt würde man meinen. Nicht für Billy Cobham. Typisch, irgendwie.