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Musik Operngesang ohne Marotten

Christian Gerhaher singt auf der CD «Romantische Arien» Opernmusik von Richard Wagner und anderen deutschen Komponisten des 19. Jahrhunderts. Er tut dies wohltuend glamourfrei: Der Liedsänger in Gerhaher kommt dem Opernsänger nur zugute.

Opernarien - nicht Lieder - finden sich auf der neuen CD von Christian Gerhaher. Der Liedsänger dabei eine Bühne füllen, die ein paar Quadratmeter grösser ist als die seiner bisherigen Lieder-CDs. Gerhaher verkörpert diesmal einen treuherzigen Wolfram in Wagners «Tannhäuser», einen betrogenen Grafen Siegfried in Robert Schumanns «Genoveva» und einen gewissen Froila aus Franz Schuberts «Alfons und Estrella». Dazu kommen weitere, oft unbekannte Gestalten des deutsch-romantischen Opernrepertoires.

Ohne Schwulst und Pathos

CD-Hinweis

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«Romantische Arien»: Christian Gerhaher, Bariton.Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Daniel Harding. Sony Classical.

Der deutsche Bariton geht auf diesem Tonträger die versammelten Kunstfiguren wohltuend pathosfrei an. Er gestaltet sie nicht als kostümschwere Opernhelden, sondern als greifbare Figuren. Dabei dominiert der Liedsänger den Opernsänger. Auf zwei bis drei Produktionen pro Saison beschränkt Christian Gerhaher seine Opernauftritte. Das macht sich bezahlt.

Es ist eine gesunde Stimme: Kein Knacksen ist zu hören, keine Anstrengung, nirgends. Die Grundfarbe ist hell baritonal. Darüber legt der Sänger leichte Schichten, stets wärmend und fürsorglich. Bei aller Elastizität hört man eine sängerische Vaterfigur. Und er singt den Text aussergewöhnlich verständlich.

«Deutsch und echt»

Audio
Ch. Gerhaher: «Romantische Arien», aus R. Schumann «Genoveva»
04:04 min
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 4 Sekunden.

Musik auf der Opernbühne also, doch ohne Marotten. Gerhaher setzt auf Glaubwürdigkeit statt auf Glamour. Oder auf «deutsch und echt», um es mit einem Zitat aus Wagners «Meistersingern» zu sagen.

Diese CD zeigt jedoch, dass die deutsche Romantik keineswegs nur aus dessen musikdramatischen Grosstaten besteht, sondern mit Schumann und Otto Nicolai durchaus alternative Ansätze dazu bietet. Ganz unwagnerisch etwa sind die Frische, die Gerhaher durch Schumanns «Genoveva» wehen lässt, und die dramatische Spannkraft von Siegfrieds Arie, die Schumann bezeichnenderweise ein «Lied» nannte.

Heldentaten mit intimer Kehrseite

Diese Arie übrigens, bei der Siegfried als siegreicher Kreuzritter bei seiner Heimkehr das Ehebett fremd durchwühlt vorfindet, ist ein Signal: Jede Heldentat hat ihre - intime - Kehrseite. Das ist sowohl die Botschaft von Schumanns «Opernlied» als auch der Inhalt dieser liedhaften Opern-CD. Christian Gerhaher macht uns das exemplarisch vor.

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