Zum Inhalt springen

Pink-Floyd-Gründer in Kritik Wie sich Roger Waters gegen Konzertabsagen wehrt

Wegen Antisemitismus-Vorwürfen werden Auftritte von Roger Waters abgesagt. Der Musiker sieht seine Meinungsäusserungsfreiheit beschränkt und wehrt sich juristisch. Das Schweizer Konzert soll stattfinden.

Worum geht’s? Roger Waters plante, während seiner Europatour am 21. und 28. Mai in München und Frankfurt zu spielen. Doch die Behörden der beiden Städte wollten den Musiker nicht auftreten lassen. Dieser ging juristisch gegen die Absagen vor und wehrte sich gegen Antisemitismusvorwürfe.

«Meine Anwälte leiten Schritte ein, um sicherzustellen, dass meine Konzerte in München und Frankfurt im Mai 2023 wie vertraglich vereinbart stattfinden», sagte Waters in einer Mitteilung seines Managements.

Die Stadt München reagierte nun: Aus rechtlichen Gründen werde der Vertrag nicht gekündigt.

Konzert findet statt, aber mit Zeichen für Völkerverständigung

Box aufklappen Box zuklappen

Der Stadtrat von München fasste den Beschluss, das Konzert nicht ausserordentlich zu kündigen. Stattdessen werde die Stadt rund um das Konzert Zeichen für Völkerverständigung, internationale Solidarität und gegen Antisemitismus setzen, ebenso für das Existenzrecht Israels und die Souveränität der Ukraine.

Oberbürgermeister Dieter Reiter will zudem mit der bayerischen Landessregierung nach Möglichkeiten suchen, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, damit Kommunen in ähnlich gelagerten Fällen Auftritte verbieten können.

Frankfurt bezeichnet Waters als «einen der reichweitenstärksten Antisemiten der Welt». Warum? Roger Waters bezieht immer wieder deutlich Position im Nahostkonflikt, auch auf der Bühne. So liess er während Konzerten Ballone in Schweineform durchs Publikum gleiten. Darauf waren neben Auto- und Erdölfirmenlogos auch Davidsterne abgebildet. Das Symbol steht primär nicht für den Staat Israel, sondern für das Judentum.

Zudem ist Waters ein Vertreter der BDS-Bewegung (Boycott, Divestment and Sanctions). Diese will den Staat Israel aufgrund seiner Palästinenserpolitik politisch, kulturell und wirtschaftlich isolieren. Die Grenzen zwischen Kritik am Staat und Antisemitismus verschwimmen dabei.

Älterer Mann mit Kufiya spricht in Mikrofon und hält dabei Zeigefinger hoch
Legende: Bezieht im Nahostkonflikt immer wieder Position: Roger Waters spricht im November 2018 in Urugay an einer Veranstaltung zum Thema Palästina. Dabei trägt der Musiker eine Kufiya, ein als «Palästinensertuch» bekannt gewordenes politisches Symbol. IMAGO/Agencia EFE

Die Stadt Frankfurt lässt sich nicht auf das Spiel mit der Mehrdeutigkeit ein und bezeichnet Waters klar als Antisemiten. Die Weigerung, ihn in der Festhalle spielen zu lassen, hat für die Stadt zudem Symbolkraft: In diese Halle wurden in der Pogromnacht 1938 mehr als 1000 jüdische Männer hingezerrt, um sie später zu deportieren.

Was sind die Reaktionen auf die Konzertabsage? Roger Waters und sein Management bezeichnen die Absage als Versuch, den Musiker zum Schweigen zu bringen und sehen die Meinungsfreiheit in Gefahr. Die «Bild»-Zeitung errechnete, dass das Management eine Schadensersatzforderung von rund 2,7 Millionen Euro stellen könnte, ausgehend von den ausfallenden Ticketeinnahmen.

Zudem erhält Waters Rückendeckung aus prominenten Musikerkreisen: Eric Clapton, Peter Gabriel oder Brian Eno unterschrieben auf der Plattform change.org eine Petition, die eine Durchführung des Konzertes fordert.

Wie gehen andere Städte damit um? In Berlin findet das Konzert wahrscheinlich statt, denn die dortige Mercedes-Benz Arena ist in privater Hand.

Auch in Zürich soll das Konzert von Waters am 25. April im Hallenstadion zustande kommen, obwohl die Gesellschaft Schweiz-Israel die Stadt aufgefordert hat, das Konzert zu verbieten. Weil der Auftritt nicht bewilligungspflichtig ist, liegt der Ball bei der Hallenstadion AG. Diese will nicht eingreifen, solange Künstler nicht gegen geltendes Schweizer Gesetz verstossen.

Bereits abgesagt wurde ein Konzert in Krakau, aber aus anderen Gründen: Denn Roger Waters steht nicht nur wegen Antisemitismusvorwürfen in der Kritik. Zuletzt sprach er auf Einladung Russlands vor dem UNO-Sicherheitsrat.

Dort bezeichnete er die Invasion Russlands zwar als illegal, gab die Schuld daran aber auch westlicher Provokation und verurteilte Waffenlieferungen an die Ukraine. Für diese Aussage erklärte ihn der Krakauer Stadtrat gleich zur Persona non grata.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Nachrichten, 15.03.2023, 07:00

Meistgelesene Artikel