Viele kennen Randy Newman als zahmen Komponisten von Disneys Animationsfilmen. Wie er etwa «You've Got a Friend in Me» singt («Toy Story») oder «If I Didn't Have You» («Monsters, Inc.»), für den er auch einen Oscar gewonnen hat.
Doch Randy Newman kann auch anders. Besonders bei einigen von seinen frühen Songtexten bleibt einem schlicht die Spucke weg! In Stücken wie «Rednecks», «Sail Away» oder im Hit «Short People» diffamiert er Minderheiten auf übelste Art und Weise.
Bissiges und politisches Songwriting
Was in anderen Kunstformen wie Film oder Literatur möglich ist, irritiert in einem Popsong: dass ein Singer/Songwriter in eine Rolle schlüpft, etwa in die einer rassistischen Person.
Man geht in der Popmusik automatisch davon aus, dass mit «Ich» die singende Person selbst gemeint ist. Doch Randy Newman hinterfragt dieses Konzept: Er verstehe nicht, warum man beim Songschreiben nicht auch diesen Spielraum haben solle, sagte er im Film « Randy Newman's America ».
Randy Newman mag es, aus der Sicht von niederträchtigen Menschen zu schreiben, die sich ihrer Fehler nicht bewusst seien. Und es ist seine Art, den Finger auf eine Wunde in der US-amerikanischen Geschichte zu legen, weshalb er auch als hochpolitischer Songschreiber gilt.
Sarkasmus weicht Altersmilde
Aus heutiger Sicht sind die bissigen Randy-Newman-Songs, von denen viele in den 1970er-Jahren entstanden sind, ein No-Go. Distanziert hat sich Randy Newman zwar nie von ihnen, aber es erscheinen mit der Zeit weniger Alben unter eigenem Namen. Und ab Mitte der 1990er-Jahre liegt sein Fokus ohnehin vermehrt auf dem Komponieren von Filmmusik.
Doch Randy Newman wäre nicht Randy Newman, wenn er nicht ab und an doch einen Song mit spitzer Feder schreiben würde. Zwar steht er von nun an auf der vermeintlich richtigen Seite, wie beim 2017 veröffentlichten «Putin». Doch spürt man auch hier Newmans Faszination für Bösewichte und ihre oft komplexe Persönlichkeit.
Filmmusik: Familientradition der Newmans
Randy Newman stammt aus einer Familie von lauter Filmkomponisten. Dass er sein Leben der Musik widmen würde, war schon früh klar. Drei seiner Onkel haben ab den 1930ern zahlreiche Hollywoodstreifen vertont, allen voran Alfred Newman, der auch die berühmte 20th Century Fox Fanfare komponiert hat.
Es ist eine privilegierte Welt, in der Randy Newman gross wird. Er sei im Glauben aufgewachsen, dass das Leben und die Dinge in den USA am besten seien. Diese Idee spiegelt sich auch in seinen orchestralen Werken, die nach George Gershwin oder Irving Berlin tönen und an eine unschuldige Vorkriegszeit erinnern, in der die Hoffnung in den amerikanischen Traum intakt ist.
Die Erkenntnis, dass der amerikanische Traum auch gleichzeitig ein Albtraum ist, äussert sich hingegen in seinen Popsongs.
Kontrastreiche Performance
Randy Newmans musikalisches Herz schlägt stark für die Musik New Orleans. Stile wie Honky Tonk, Jazz und Blues lassen sich klar heraushören und das rollende Swing-Feeling ist nicht wegzudenken.
Sein fliessend leichtes und perlendes Klavierspiel steht dabei in Kontrast zu seinem sperrigen Gesang. Randy Newman hat eine raue Stimme und seine Töne sind oft etwas daneben. Aber ähnlich wie beispielsweise bei einem Bob Dylan verleiht Newmans erzählerischer Gesangsstil seinen Songs eine zusätzliche Tiefe und einen unverwechselbaren Charakter.