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Rockfield Studio Auf diesem Bauernhof wurde Musikgeschichte geschrieben

Landleben trifft auf Rock'n'Roll: Im Rockfield Studio waren Bands wie Black Sabbath, Coldplay, Oasis zu Gast. Zwischen Pferdeweide und Schweinestall entstanden Songs, die Musikgeschichte schrieben, wie etwa «Bohemian Rhapsody» von Queen.

Kingsley Ward und sein Bruder Charles hatten eine geniale Idee: Echokammer statt Schweinestall, Heavy Metal inmitten von Kuhherden und Pferdeweiden. Die zwei musikverrückten Brüder sollten den elterlichen Bauernhof in Rockfield, Wales, übernehmen. Das taten sie, doch zusätzlich richteten die beiden Elvis-Fans ein Tonstudio ein. Sie begannen mit Schallisolationen aus Futtersäcken in umgebauten Ställen. Der Rest ist Musikgeschichte.

Von Pop-Hits zu Touristen-Strömen

Kingsley Ward ist heute 82-jährig und blickt mit Stolz zurück. «Die Rockfield Studios haben die schillerndste Geschichte aller Tonstudios». Schliesslich wurde hier an einem der grössten Popsongs überhaupt gearbeitet: «Bohemian Rhapsody».

Schwarz-weiss Bild von vier Männern auf dem Land
Legende: Besonders durch den Queen-Film «Bohemian Rapsody» erhielten die Rockfield Studios weltweite Aufmerksamkeit. Queen Rex / Shutterstock

Durch den Film über die Geschichte von Queen, der vor drei Jahren ein Millionen-Publikum erreichte, erhielten die Studios weltweite Aufmerksamkeit. Besonders in Japan, wo Freddie Mercury eine grosse Fangemeinde hat. Touristen strömten scharenweise nach Wales und begaben sich auf Studio-Touren, geführt von der Ward-Tochter Lisa, Übernachtung auf Wunsch inklusive.

70er Jahre: Blütezeit

So richtig los mit den Rockfield Studios ging es 1970, als Ozzy Osbourne anrief und um einen Aufnahmetermin für sich und seine Band Black Sabbath bat. Den Hardrock-Pionieren aus Birmingham folgten Scharen von grossen Acts in die Studios in der ländlichen Idylle von Wales.

Motörhead, Mike Oldfield, Simple Minds, Iggy Pop, Robert Plant, Oasis – die Gästeliste des Studios liest sich wie das Programm einer Grammy Awards-Verleihung. Der Kontrast zwischen dem beschaulichen Landleben und dem Image, das Sex, Drugs und Rock’n’Roll anhaftete, hätte nicht grösser sein können.

Schwarz-weiss Bild von zwei Männern auf einer Steinmauer. Einer hält eine Flinte in der Hand
Legende: Grösser hätte der Kontrast von Landleben und Badass-Image nicht sein können. Hier mit Tony Iommi (links) und Ozzy Osbourne (rechts) von Black Sabbath. MIRRORPIX

Anfangs der 90er Jahre brach die Konjunktur für die Studios ein. Dann kamen durch eine glückliche Fügung die Stone Roses. «Fünf bis sechs Wochen blieben die Bands damals im Durchschnitt, um ein Album aufzunehmen, heute sind es gerade mal fünf bis sechs Tage», wie Kingsley sagt. Die Stone Roses blieben rund 13 Monate auf der Farm und sicherten damit das Überleben des Studios.

Ausgetrocknetes Musikbusiness

Die Krise in der Musikindustrie, die Folgen der Digitalisierung setzten den legendären Studios schwer zu. Heute ist die Arbeit an Studioaufnahmen auf jedem Laptop möglich und entsprechend die Regel.

Kingsley erinnert sich deshalb lieber an die besseren Zeiten, als Bands sich noch den Luxus und die Zeit nehmen konnten, ein Album in der einzigartigen Atmosphäre seiner ländlichen Heimat entstehen zu lassen.

Schwarz-Weiss Bild von sechs Männern auf einem Bauernhof
Legende: Von Hawkwind bis Motörhead – die Gästeliste des Rockfield Studios liest sich wie eine Grammy Awards-Verleihung. Getty Images / Michael Putland

Ende der 90er Jahre bescherte der Nachthimmel Chris Martin und seinen Jungs von Coldplay einen magischen Moment. «Look at the Stars», raunte der Produzent, der damit die erste Songzeile zum Song «Yellow» lieferte. Zum Song, der die Band in den Pophimmel hievte.

Zukunft auch wegen Corona ungewiss

Welche Zukunft die Studios haben, wenn er als treibende Kraft einmal fehlen wird, weiss Kingsley nicht. Zur Zeit gibt vor allem das Corona-Virus den Takt vor. Wann die Grenzen wieder geöffnet werden für Touristen und Gäste, ist offen.

Eines weiss Kingsley aber mit Sicherheit: «Die Rockfield Studios haben die beste
Geschichte». Er wird nicht müde, es zu erwähnen.

Altes Schwarz-Weiss Foto von einer Familie auf dem Bauernhof mit zwei Pferden und Hund
Legende: Kingsley Ward und sein Bruder Charles hatten die zündende Idee: Weshalb nicht Bauernhof mit Musik-Aufnahme verbinden? Ward Family

Wer der nächste Musiker ist, der auf seinem Hof nach den Sternen greift, ist ebenfalls offen. Zur erzwungenen Entschleunigung würde das Konzept der Musik auf dem Bauernhof jedenfalls nicht schlecht passen. Rund 60 Jahre, nachdem das Rock’n’roll-Virus Kingsley und Charles angesteckt hatte.

SRF 1, Sternstunde Musik, 18.4.2021, 11:55 Uhr.

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