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Nahaufnahme eines Trompeters.
Legende: Vom Young Lion zum Chamäleon: Roy Hargrove. Getty Images

Roy Hargrove verstorben Hard Bop und Neo Soul aus derselben Trompete

Roy Hargrove katapultierte die Jazztradition ins 21. Jahrhundert ohne sie zu verleugnen oder zu beschädigen. Eine Hommage.

Roy Hargrove zeigte seine Fähigkeiten als musikalisches Chamäleon immer wieder aufs Neue.

Er konnte authentisch quirlige Bebop-Linien aus der Trompete fliessen lassen und dann wieder in den schweren R'n'B-Grooves den richtigen Ton treffen. Er besass die Fähigkeit, verschiedene Spielhaltungen zusammen zu bringen, zwischen denen Welten zu liegen scheinen.

Musikalisches Chamäleon

Er zeigte seine Fähigkeiten als musikalisches Chamäleon immer wieder aufs Neue. 1998 gewann er seinen ersten Grammy mit «Habana» für das beste Latin Jazz-Album, und 2002 für das beste Jazz Instrumental Album mit «Directions in Music: Live at Massey Hall».

Noch knapp vor der Jahrtausendwende wirkte er auf «Voodoo», D’Angelos epochalem Neo Soul-Album mit als Trompeter und Arrangeur in einigen Tracks.

Am Anfang stand Ray Charles

Das Bewusstsein, nicht zwischen Pop und Jazz entscheiden zu müssen, wurde Roy Hargrove schon früh mit auf den Weg gegeben. Während der Schulzeit war seine stärkste Inspiration der Saxophonist David Fathead Newman.

Dort bekam Hargrove seinen ersten Trompetenunterricht, und dort entdeckte ihn Mitte der 90er-Jahre der Jazztrompetenstar Wynton Marsalis.

Young Lion

Obwohl Marsalis die Galionsfigur für ein ausgeprägtes Traditionsbewusstsein war und ist, vermochte er genau das nicht an Hargrove weiterzugeben. Zu stark war der Einfluss des Ray-Charles-Saxophonisten Fathead Newman schon damals etabliert.

Karrieremässig etablierte sich Roy Hargrove in den späten 80er- und frühen 90er-Jahren, aber zunächst einmal als Young Lion in der Mainstream-Jazzszene.

Er legte in einem atemberaubenden Rhythmus ein bis zwei Alben pro Jahr vor. Erst um die Jahrtausendwende manifestierte sich der Groover Hargrove auch in seinen Studioproduktionen unmissverständlich. The RH Factor nannte er seine Band, und R’n’B und Hip Hop gaben dabei den Ton an.

Keine Abkehr vom Jazz

Diese neue Tonalität sah Roy Hargrove aber nie als Abkehr vom Jazz. Was er von Fathead Newman mitbekommen hatte, das pflegte der Trompeter auch an diesem Punkt seiner Karriere mit der grössten Selbstverständlichkeit. Dass es Fans gab, die ihm dabei nicht so kompromisslos folgen wollten, nahm er hin, ohne sich einem Diktat zu beugen.

Sendehinweis

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Radio SRF 2 Kultur, 6. November 2018, Jazz und World aktuell, 20:00 Uhr

Gesundheitlich ging es Roy Hargrove aufgrund einer schweren Nierenerkrankung seit vielen Jahren nie wirklich gut.

In einem New Yorker Krankenhaus starb er schliesslich viel zu früh an Herzversagen. Zurück bleibt ein eindrückliches diskographisches Werk, das auch in ein paar Jahren noch für Überraschungen sorgen dürfte.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 5.11.2018, 6:01 Uhr

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