Musikalisch kommt diese «Zauberflöte» leicht und federnd daher. Der griechische Dirigent Constantinos Carydis versteht es, den Wiener Philharmonikern einen feinen Mozart-Klang zu entlocken.
Er lässt mit wenig Vibrato spielen, schlägt rasche Tempi an, holt Schwung in scheinbar nebensächlichen Begleitfiguren und gibt dabei trotzdem Raum für fantasievolle kleine Auszierungen zweier hinzugezogener Continuo-Instrumente (Cembalo und Hammerklavier).
Neben diesem Detailreichtum zeigt er auch die Schärfen der Partitur, stets mit Geschmack wohlgemerkt, und erschliesst dem Publikum ausserdem die Tiefen dieses Meisterwerks: Ergriffenheit macht sich breit nach der todtraurigen Arie der Pamina, und die zentrale Sprecher-Szene ist von unerhörter Spannung und Erzählkraft. Wie nebenbei spielt Carydis neben seinem inspirierten Dirigat auch den Glockenspiel-Part.
Stimmgewaltig bis blass
Der Dirigent lässt auch die Sänger Verzierungen einbringen, den drei Damen gewährt er zu Beginn sogar eine kleine Kadenz (wie es Mozart ursprünglich vorgesehen hatte).
Mauro Peter gibt einen anfangs noch etwas schüchternen, später dafür umso virileren Tamino. Neben seiner wunderbar in der Tiefe verankerten Stimme überzeugt die pointierte Diktion und die schauspielerische Überzeugungskraft des Luzerner Tenors.
Auch die Rolle der Pamina ist mit Christiane Karg und ihrem zarten Sopran treffend besetzt, und Albina Shagimuratova legt als Königin der Nacht ihre Koloraturen stimmgewaltig hin.
Währenddessen bleiben Adam Plachetka als Papageno sängerisch wie schauspielerisch eher blass, wie auch der Bariton Matthias Goerne als Sarastro, dem es zudem in der Tiefe etwas an Volumen fehlt.
Eine Inszenierung von Lydia Steier
Ebenso spannend wie die musikalische Interpretation beginnt auch die Inszenierung von Lydia Steier (die etwa dem Basler Publikum durch mehrere Operninszenierungen bekannt ist).
Steier verpasst der «Zauberflöte» eine Rahmenhandlung: Zu Beginn ist ein feudales Bürgerhaus in Wien um 1913 zu sehen, es füllt die aussergewöhnliche Breite der Salzburger Festspielhausbühne aus. Vater, Mutter, deren drei Söhne und der Grossvater sitzen am Tisch und werden von drei Dienstmädchen bedient.
Plötzlich gibt’s Streit und die Knaben müssen ins Bett – dies alles passiert während der Ouvertüre. Der Grossvater erzählt den Kindern zum Einschlafen das Zauberflöten-Märchen und wird fortan zum Erzähler (Klaus Maria Brandauer). Er teilt die Opern-Handlung in Kapitel auf, fasst die fast vollständig gestrichenen Dialoge zusammen und spricht teilweise und nicht immer optimal koordiniert während der Musik.
Das erzählte Märchen bricht ins Kinderzimmer herein und die drei Knaben erleben die Handlung hautnah mit, sei es nun in ihrer Fantasie oder in ihren Träumen. Sie werden selbst zu zentralen Figuren, zu den drei Knaben der Opernhandlung, sind ständig auf der Bühne präsent und geben entscheidende Impulse.
Auch Personen aus ihrer Realität finden den Weg in die Erzählung: Die Mutter wird zur Königin der Nacht, der Geflügellieferant zu Papageno und die Dienstmädchen zu den drei Damen.
Eher oberflächliches Setting
Was vielversprechend beginnt, franst zusehends aus zu einem eher oberflächlichen Setting. Sobald sich Tamino und Papageno auf die Reise begeben, öffnet sich das von Katharina Schlipf gebaute Bürgerhaus und gibt den Blick frei auf einige mehrstöckige Metalltürme, die mit Treppen und Rädern versehen sind.
Diese verschiebbaren Türme werden zu immer neuen Kombinationen zusammengestellt, womit diese Inszenierung optisch stark an die Basler Produktion von Julia Hölscher aus dem Jahr 2015 erinnert.
Die Türme bilden Hintergrund und Tummelplatz für eine Zirkuswelt, in welcher auch zum Leben erwachtes Spielzeug aus dem Kinderzimmer der Knaben herumtollt. Viel Akrobatik wird geboten, bunte bis bizarre Kostüme und Gestalten sowie allerlei Gags. Das ist effektvoll, hübsch anzusehen und sicherlich auch sehr kinderfreundlich.
Plötzlich aber brechen Szenen aus dem Ersten Weltkrieg herein (stimmt, die Rahmenhandlung spielt ja in den 1910er Jahren), Kriegsgeräusche werden über die Surround-Anlage zugespielt und das Liebespaar schaut sich zur Feuer- und Wasserprüfung Kriegsbilder auf Grossleinwand an.
Buhrufe und Applaus
Die Botschaft ist einfach und klar: Die Jungen werden mit der Realität konfrontiert und sollen so erwachsen werden. Dennoch will das Ganze am Ende nicht richtig zusammenpassen und wirkt gewollt.
Es scheint, als habe Steier etwas gar viel in ihre Inszenierung hineinpacken wollen; sie reisst zwar viele Themen an, führt sie jedoch nicht konsequent durch. Eine runde und schlüssige Deutung ist ihr damit leider nicht gelungen. Das Regieteam muss an der Premiere denn auch einige Buhs einstecken.
Ungeteilten Jubel gibt es dafür für die Musizierenden, das Ensemble, den Chor und den Dirigenten.
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