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Schuberts «Forellenquintett» Die finstere Wahrheit hinter dem fröhlichen Klassik-Hit

Franz Schubert «Forellenquintett» ist eines der populärsten Kammermusikwerke überhaupt. Hinter dem unbeschwerten Stück steckt ein Gedicht, das alles andere als leicht daherkommt.

Christian Friedrich Daniel Schubart heisst der Mann, der das Gedicht schrieb. «Die Forelle» lautet sein Titel, entstanden sind die Zeilen um 1780 herum – während Schubarts zwölfjährigen Kerkeraufenthaltes. Der Dichter und Journalist, dessen Name demjenigen von Schubert so ähnlich ist, war den Herrschenden nicht angenehm.

Freche Schnauze

Das ausschweifende Leben, vor allem aber die kritischen Schriften dieses Christian Friedrich Daniel Schubart, der nie ein Blatt vor den Mund nahm und die absolutistische Herrschaft im Deutschland des 18. Jahrhunderts anprangerte: All das behagte dem Adel und dem Klerus nicht.

Heute spricht man von einem Justizskandal im Zusammenhang mit Schubarts Kerkerhaft in der Festung Hohenasperg im heutigen Baden-Württemberg.

Der Dichter, die Forelle

Schubart wusste noch nicht, dass sein Gedicht einmal in die Musikgeschichte eingehen würde, als er es im Gefängnis notierte – zermürbt und müde.

In den vier Strophen geht es um eine muntere Forelle, die im klaren Bache wie ein Pfeil hin und her schiesst. Ein Angler will sie fangen. Es gelingt ihm aber nicht – zu klar ist der Bach, zu geschickt der Fisch.

Lithographie des Komponisten Franz Schubert.
Legende: Machte Schubarts Forelle zum Hit – und schenkte ihr die Freiheit: Franz Schubert. Wikimedia/Josef Eduard Teltscher (1801-1837)

Schliesslich ist es dem «Dieb» zu viel. Er «macht das Bächlein tückisch trübe» und bald schon «Zuckte seine Ruthe; Das Fischlein zappelt dran». Die Forelle, gerade noch wunderbar frei, ist betrogen worden.

Dieses Gedicht lässt viele Deutungen zu. Einleuchtend ist die Interpretation, dass die Forelle den Dichter selber symbolisiere, der durch die Willkür der Herrschenden seiner Freiheit beraubt werde.

Schubert und die künstlerische Freiheit

Was aber hat der Komponist Franz Schubert aus Schubarts «Forelle» gemacht? Er vertonte es zuerst einmal zu einem Lied. Dessen erster Teil ist musikalisch hell und munter, während der zweite Teil mit dunklen Mollklängen die Gefangenschaft des Fischleins zeigt.

Kurz darauf verarbeitete Schubert sein Forellenlied zu einem Quintettsatz für Klavier und Streicher. Und liess dafür den traurigen Moll-Teil weg. Er liess die Forelle sozusagen in Freiheit für dieses Stück, das bis heute ein Hit in der klassischen Musik ist.

Happy End am Herzogshof

Und wie erging es dem Dichter Christian Friedrich Daniel Schubart, der übrigens auch Komponist und Musiktheoretiker war? Auch ihm war die Freiheit wieder vergönnt. Im Mai 1787 wurde er aus der Kerkerhaft entlassen – nach 12 Jahren.

Die Gefangenschaft war äusserst hart gewesen: Schubart durfte keinen Besuch empfangen und in den ersten Jahren weder lesen noch schreiben – eine «Umerziehungsmassnahme».

Er galt inzwischen als Freiheitsheld und Märtyrer. Und wurde, kaum wieder in Freiheit, sogar zum Musik- und Theaterdirektor am Herzogshof zu Stuttgart ernannt.

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