SRF: Es hat lange 18 Jahre gedauert, bis ein neues Album von Ihnen erschien. Warum?
Little Steven: Nun, ich hatte viel zu tun. Und ich hatte meine Vorstellung davon, wie meine eigene Musik daherkommen sollte. Dieser Sound zwischen Soul und Rock'n'Roll war ja auch eine recht einzigartige Sache. Aber, ich hatte mich ehrlich gesagt etwas verrannt.
Meine Musik diente immer mehr nur noch den Texten und ihren politischen Inhalten. Auf diesem Weg macht man keine gute Musik. Als ich darüber nachdachte, ruft Bruce (Springsteen) an und sagt, er möchte die E Street Band neu zusammenstellen und zwar auch mit mir. Dann hab ich diesen Weg eingeschlagen.
Es ist also nicht so, dass Sie unbedingt noch etwas loswerden wollten, etwas noch ungesagt gelassen hatten?
Nein, nein, gar nicht. Es war sehr viel spontaner. Ich hatte ja auch genügend zu tun. Mit Bruce Musik aufnehmen, dann diese langen Tourneen, das braucht viel Zeit. Und dann die «Sopranos» und meine Fernsehserie «Lilyhammer».
Vor einem Jahr war ich in London eingeladen und jemand sagte: ‹Man kann deine alten Alben gar nicht mehr kaufen›. Und da dachte ich, wenn nicht ich, wer dann? Und wenn ich schon dabei bin, könnte ich doch auch grad ein neues Album machen. Am Ende der letzen Tournee mit Bruce habe ich mich dran gemacht.
Und wenn ich schon dabei bin, könnte ich doch auch grad ein neues Album machen.
Es ist ein sehr vielfältiges Album geworden. Vom Blues bis James Brown reicht das Spektrum...
«Man ist, was man mag», sage ich immer! Ich bin in einer Zeit gross geworden, in der es jede Saison einen eigenen Trend gab, eine Art musikalische Monokultur. 1965 etwa den Folk-Rock, 1966 die Country Music, 1967 die psychedelische Musik.
Das hab ich alles mitgenommen. Bei der Band, bei der ich gross wurde (Southside Johnny & the Asbury Jukes), konnt ich das alles nicht recht ausleben, weil ich dann zur E Street Band gewechselt habe.
Ja, da sind einige Stile drauf, auch solche, die man von mir nicht erwartet. Aber das ist das erste Album, von dem ich sagen kann: «Es ist meines.» So mag ich das!
‹Man ist, was man mag›, sage ich immer!
Wird «Little Steven & the Disciples of Soul» nun ein ständiges Projekt?
Ich denke schon. Jeweils alternierend mit dem Jahr, in dem Bruce touren oder ins Studio will. Und dann hab ich auch noch fünf oder sechs Filmscripts herumliegen, die ich anschauen will. Langweilig wird mir also kaum.
Anfangs Ihrer Karriere waren Sie sehr politisch orientiert in Ihrer Musik – dieses Mal nicht mehr. Wäre jetzt nicht genau der richtige Moment?
Nein, ich denke nicht, dass man das, was in den USA und sonstwo passiert, auch noch in Lieder verpacken sollte. Man kann dem eh nicht entkommen in den USA, also gibt es keinen Grund, auch noch Lieder darüber zu schreiben. Früher war das anders.
Ich glaube die Single «Sun City», die wir damals gemacht haben, um gegen die Apartheid zu protestieren, die hat doch einige Menschen auf das Problem aufmerksam gemacht. Das kann man heute fast nicht mehr. Ebenso klar ist es aber, dass alle sich politisieren müssen.
Ich denke nicht, dass man das, was in den USA passiert, auch noch in Lieder verpacken sollte.
Sie haben als Schauspieler, Musiker und Produzent gearbeitet – ganz nebenbei sind sie auch noch Radio-DJ der Sendung Underground Garage. Wie würden Sie denn Ihr eigenes neues Album ankündigen?
(Lange anhaltendes, glucksendes Lachen...) Oh Mann! Okay: Gott, was liebe ich dieses Album (...dann wieder langes Lachen.)
Das Gespräch führte Eric Facon.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt. 26. Juni 2017, 16.30 Uhr