Leonidas Kavakos sitzt entspannt auf dem Sofa in seiner Künstlergarderobe im KKL. Gerade hat er die erste Probe mit dem Lucerne Festival Orchestra absolviert. Sie hat länger gedauert als geplant – trotzdem ist er gut aufgelegt.
Sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, auch nicht im hitzigen Musikbetrieb: Das scheint Leonidas Kavakos’ Maxime zu sein. Eine griechische Tugend? Vielleicht. Jedenfalls ist er in Athen in den 1970er-Jahren ziemlich entspannt aufgewachsen.
Seine Eltern waren Musiker, der Vater Geiger, die Mutter Pianistin. Sie haben ihn überall hin mitgenommen, zu Proben und Konzerten. «Ich war als Kind sehr neugierig auf die Musik. Meine Eltern haben das gefördert. Gleichzeitig – und dafür bin ich ihnen sehr dankbar – durfte ich immer Kind sein», sagt er.
Das Karriere-Monster hat ihn nie verschlungen
Wie wurde Leonidas Kavakos ein berühmter Geiger? Haben ihn seine Eltern zum Üben angetrieben? «Ja, klar, ohne das geht es nicht», antwortet Kavakos. «Aber sie haben mich nie dem Karriere-Monster gegeben, das alle verschlingt. Der Fokus lag darauf, ein guter Musiker zu werden, gut Geige spielen zu lernen.»
Das ist gelungen. Leonidas Kavakos zählt derzeit zu den Spitzen-Interpreten auf seinem Instrument. Er tritt mit den besten Orchestern der Welt auf. Sein Geigenspiel ist kräftig und zupackend; sein Klang kann strahlen und schillern. Das hängt auch mit seiner Violine zusammen: die Stradivari «Willemotte» von 1734.
Jahrzehnte Erfahrung in einem Instrument
Sie stammt aus den letzten Lebensjahren von Stradivari. Das Instrument ist von ihm persönlich und nicht von seinen Angestellten in der Werkstatt gefertigt worden. «Stradivari hat in diese Geige all seine Erfahrung aus Jahrzehnten Geigenbau gelegt. Das spürt man», sagt Kavakos.
Der Klang dieser Geige begeistert auch das Publikum beim Lucerne Festival. Leonidas Kavakos ist in diesem Jahr «artiste étoile», bestreitet vier Konzerte während des Festivals. Das Programm ist konventionell: Sonaten mit Klavier, Violinkonzerte und Virtuosenstücke.
Musik, so rein wie möglich
Doch das Publikum schätzt das Bewährte an seinem Stil – und der ist bewusst gewählt: «Ich versuche die Musik des Komponisten so rein wie möglich zu präsentieren, ohne einzugreifen in die Struktur oder in die Klangfarben», sagt er. Damit setzt er sich ab von Künstlern, die das musikalische Werk als Basis sehen, mit der dem Publikum eine möglichst eigene Geschichte erzählt werden soll.
Von diesem Ansatz ist Leonidas Kavakos nicht überzeugt. «Nein, ich möchte dem Publikum nichts Bestimmtes erzählen. Ich bin ja nur der Nachrichtenvermittler, nicht die Botschaft selbst.»
Seit Kurzem ist Leonidas Kavakos Wahlschweizer: Er hat seinen Wohnsitz von Athen nach Wollerau im Kanton Schwyz verlegt. Plant er hier vielleicht ein neues Klassik-Festival in der Schweiz? «Nein», antwortet er. «Ich möchte mich lieber auf anderen Gebieten einsetzen. Etwa, dass die Menschen bewusster miteinander und mit der Umwelt umgehen.» Konkrete Pläne dafür hat er bereits gefasst.