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Streaming in der Kritik «Die Menschen müssen verstehen, dass auch Musik kostet»

Musikstreaming boomt, das Corona-Jahr 2020 war ein Rekordjahr, Spotify expandiert und beherrscht mit ein paar wenigen anderen Streaming-Anbietern den Markt.

Für die Hörer sind es paradiesische Zustände, weil jeden Tag unermesslich viele neue Songs veröffentlicht werden. Doch für die Musikerinnen und Musiker bleiben am Schluss nur wenige Franken. Der europäische Verband der unabhängigen Musiklabels Impala hat jetzt einen Plan erarbeitet, um die Situation zu verbessern.

Andreas Ryser hat für die Schweiz bei dem Plan mitgearbeitet.

Andreas Ryser

Präsident Indiesuisse

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Andreas Ryser ist Präsident des Verbands unabhängiger Musiklabels und -produzenten der Schweiz.

Worum geht es bei diesem Plan? Was will dieser Plan verändern?

Wir haben ganz klare Forderungen. Es braucht zum Beispiel auf jeden Fall ein lokales Team von den Streaming Services in jedem Land. Spotify macht einen Umsatz von mehr als 50 Millionen in der Schweiz. Da reicht eine Person nicht, die hier arbeitet und zu unserer lokalen Kultur schaut.

Wie könnte man denn die Musiker fairer entlöhnen?

Das Modell im Moment ist so, dass es ein «pro rata» System ist. Alle Streams und alles Geld werden in einen Topf geworfen, dann wird alles Geld durch die Anzahl Streams geteilt. Jeder Stream bekommt dann genau gleich viel, egal wie lang der Song ist.

Ein anderes Modell wäre, dass die User bestimmten Künstlerinnen und Künstlern Geld geben, die sie auch hören. Zum Beispiel: Ich höre in einem Monat nur einen Song à drei Minuten. Dann würde dieser Künstler oder diese Künstlerin die vollen 12.90 Franken bekommen, die ich für das Abo pro Monat bezahle.

Im Corona-Jahr wurde ja deutlich mehr gestreamt. Konnten die Schweizer Musikerinnen davon nicht profitieren?

Das kann man so nicht sagen. Ein Abo kostet ja im Monat gleich viel, wie vor Corona. Ein Spotify-Abo oder ein Apple Music-Abo kostet in der Schweiz 12.90 Franken pro Monat. Der Konsument kann dafür so viel konsumieren, wie er will. Das heisst, der Topf für die Künstlerinnen bleibt gleich gross.

Im Corona-Jahr ist ein digitaler Ruck durch die Bevölkerung gegangen. Hat sich da jetzt etwas verändert zu Gunsten der Künstlerinnen und Künstler?

Das ist schwierig abzuschätzen. Ich kann mir vorstellen, dass gerade die jüngeren Leute jetzt zwei Jahre lang eine komplette Veränderung von ihrem Leben mitbekommen haben. Das war bei anderen Generationen anders.

Diese 18-jährigen jungen Menschen müssen zuerst lernen, wieder an Veranstaltungen zu gehen – und dies vielleicht zwei, drei Jahre später, als das normalerweise in der Lebensentwicklung passiert.

Man kann alle Musik der Welt für einen monatlichen Einheitspreis streamen. Müssen wir als Konsumenten umdenken, damit Künstler via Streaming mehr Geld erhalten?

Ja, da gibt es ganz viele Ansätze. Mein grösster Wunsch wäre: Es braucht ein viel grösseres Verständnis, dass Musik einen Wert hat. Und solange, dass wir Geld brauchen, um zu leben, müssen die Menschen verstehen, dass auch Musik kostet.

Das Gespräch führte Björn Schäffner.

Kultur aktuell, Radio SRF 2 Kultur, 24.3.2021, 7.06 Uhr ; 

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