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US-Musiker gestorben Was für ein Sound: D’Angelos Musik war wegweisend

Gerade einmal drei Studioalben hat D’Angelo während seiner 30-jährigen Karriere veröffentlicht. Doch seine Musik wirkt immer noch nach. Am Dienstag ist der US-Musiker im Alter von 51 Jahren gestorben.

Wenn man D’Angelos Musik zum ersten Mal hört, ist man unter Umständen irritiert: Wo ist hier der Leadgesang? Was gehört zur Strophe und was zum Refrain? Und warum hinkt der Rhythmus?

Wenn man die Songs aber mehrmals hört, beginnt man sie zu verstehen und spürt den Sog dieser Musik. Sie ist beseelt, wie Gospel- und Soulmusik. Und sie groovt abartig, wie Hip-Hop. Zwei Hauptmerkmale, welche den sogenannten «Neo-Souls» ausmachen, den D'Angelo massgeblich entwickelt hat.

Nicht einfach zum Mitsingen

Doch was genau ist so speziell? Einerseits ist es der mehrstimmige Gesang, den D'Angelo – meist in der Falsettstimme – schichtweise eingesungen hat und der sich über einen ganzen Song hinwegzieht. Eine klare Hauptmelodie gibt es oft nicht, oder sie wird von den anderen verwischt. Doch dafür entstehen immer wieder überraschende und vielfarbige Klangcollagen.

Zum anderen ist es die unkonventionelle Rhythmik. Sie wirkt wie ein Gummiband und auf Anhieb könnte man meinen, es sei rhythmisch unpräzise. Die Vocals setzen unterschiedlich ein, der Bassist spielt zu spät und der Schlagzeuger phrasiert auch was Eigenes. Doch dieses scheinbare Aneinander-Vobeispielen ist gewollt und entwickelt auf Dauer eine unwiderstehliche rhythmische Spannung. 

Musik in den Adern

Michael Eugene Archer, wie D'Angelo richtig heisst, kommt 1974 in der US-amerikanischen Stadt Richmond (Virginia) zur Welt. Sein Vater ist Pfarrer und der junge D'Angelo wächst darum mit Gospelmusik auf.

Musiker mit Hut singt in Mikrofon auf der Bühne.
Legende: D'Angelo lernt früh Klavier spielen und setzt sich intensiv mit mehrstimmigem Gesang auseinander, der später ja ein wichtiges Merkmal seiner Musik sein wird. Getty/Taylor Hill

Sein aussergewöhnliches Talent stellt D'Angelo an der berühmt-berüchtigten «Amateur Night Competition» im Apollo Theater in Harlem unter Beweis, wo er ab 1991 mehrfach gewinnt.

Debütalbum als Ausgangspunkt für mehr

Mit dem Preisgeld kauft sich D'Angelo ein 4-Spur Tonbandgerät und beginnt damit sein Album «Brown Sugar» zu produzieren, das 1995 herauskommt. Doch es ist erst ein Grundstein.

Obschon er seine Musik im Alleingang umsetzten könnte – D'Angelo spielt zwischenzeitlich auch hervorragend Gitarre, Bass und Schlagzeug – gehört er zum Kern des Kollektivs Soulquarians, in dem unter anderem auch Schlagzeuger Questlove, Sängerin Erykah Badu oder der Produzent J Dilla mitwirken.

Mit ihnen feilt D'Angelo lange an einem völlig eigenständigen Sound, der sich im Jahr 2000 schliesslich mit seinem Album «Voodoo» manifestiert.

Durchbruch und Abtaucher

Obwohl «Voodoo» wirkt wie ein Underground-Album, ist das internationale Echo enorm: D'Angelo heimst zwei Grammys ein, und seine Anerkennung in der Musikszene ist riesig.

Doch der Erfolg macht ihm zu schaffen. Die Fans und die Musikbranche drängen auf Liveauftritte und weitere Musik. Zudem wird ihm wegen seines Videos zu «Untitled (How Does It Feel)» das ungewollte Image eines Sexsymbols verpasst.

Mann mit Tattoos im blauen Licht.
Legende: D’Angelo taucht mehrere Jahre völlig ab, verfällt zwischenzeitlich zudem den Drogen und dem Alkohol. 2002 wird er wegen einer mutmasslichen Konfrontation mit einer Frau an einer Tankstelle gar verhaftet. AP Photo/Virgin Records, Thierry Legoues

Dann das überraschende Comeback: D'Angelo veröffentlich 2014 sein drittes Album «Black Messiah», mit dem er erneut neue Massstäbe setzt. Die Musik ist dunkler und rockiger geworden. Und er performt die kraftvollen neuen Songs eine Zeit lang auch live – doch nicht lange.

Musiker mit Gitarre und Hut auf der Bühne während eines Konzerts.
Legende: 2015 tritt D'Angelo beim 49. Montreux-Jazzfestival auf. Kurz darauf hört man nichts mehr von ihm. Keystone/Laurent Gillieron

Es wurde wieder still um den öffentlichkeitsscheuen Ausnahmemusiker D'Angelo – der sich immer auch den sozialen Medien gegenüber verschlossen hat.

Die plötzliche Nachricht seines frühen Todes hat die Musikwelt und seine Fans dementsprechend tief erschüttert.

Radio SRF2 Kultur, Kultur-Nachrichten, 15.10.2025, 7:00 Uhr.

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