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Weltklasse – Sommerkonzerte Chefdirigent Chailly eröffnet das Lucerne Festival mit Mammutwerk

Riccardo Chailly, der neue Chefdirigent des Lucerne Festival Orchestras, verehrt den Komponisten Gustav Mahler – so verwundert es nicht, dass er mit Mahler das Lucerne Festival eröffnet. Für Chailly ist Mahlers Werk nicht nur wichtiger Teil seiner Arbeit, – nein, auch privat gibt es Parallelen.

«Gustav Mahler war ein Perfektionist, nie zufrieden mit sich und seiner Musik. Sein überbordender Gestaltungswille zwang ihn nach jeder Aufführung zurück an den Schreibtisch, um sein Werk zu überarbeiten», erzählt Riccardo Chailly.

Veranstaltungshinweis

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Das Lucerne Festival 2016 findet vom 12. August bis 11. September statt.

Das Eröffnungskonzert vom 12. August beginnt um 18:30 Uhr im Konzertsaal des KKL. Radio SRF 2 Kultur übertägt live ab 19:30 Uhr .

Ab 22:25 Uhr ist das Konzert auf SRF 1 zu sehen.

Chailly sitzt mit entspannt übereinandergeschlagenen Beinen in einem Sessel seiner riesigen Dirigenten-Suite in der Mailänder Scala. Er spricht mit Ruhe und Beiläufigkeit über die Getriebenheit des Eröffnungskomponisten am Lucerne Festival.

Aus nächtlicher Stille geboren

Im Interview gibt der neue Chefdirigent des Lucerne Festival Orchestra meist den unnahbaren Norditaliener. Vor dem Orchester jedoch agiert er sizilianisch eruptiv und passioniert. Chaillys Dirigate sind Ur-Erlebnisse, für Musiker wie Publikum.

Egal, ob er mit dem Concertgebouw Orchestra Amsterdam Bruckner und Mahler einspielte oder beim Gewandhausorchester Leipzig Bach, Beethoven und Brahms neu entdeckte: Seine in endlosen Nächten durchdachten Lesarten sind von packender Schlüssigkeit, aus der nächtlichen Stille geboren.

Gebäude leuchtet in der Nacht.
Legende: Das KKL: Die neue Wirkungsstätte von Riccardo Chailly. Keystone

Seine Frau Gabriella, Partnerin und Verbündete seit Jahrzehnten, ist es, die ihn dann in die reale Welt zurückholen muss. «Ohne sie wäre ich nicht ganz», hat Chailly einmal über die Person gesagt, die diskret im Nebenzimmer raucht und telefoniert. Signora organisiert alle Termine und Verträge ihres berühmten Mannes.

Intensives Arbeitsleben

Auch Gustav Mahler lebte in fast symbiotischer Beziehung zu seiner Frau Alma, aber unter anderen Bedingungen und charakterlichen Konstellationen. Ein Vergleich verbietet sich von selbst. Allenfalls Parallelen gibt es.

Mahlers Direktorenposten an der Wiener Hofoper war ähnlich intensiv wie der Chaillys heute an der Mailänder Scala: eine Aufgabe, die kaum Zeit lässt für anderes.

Insofern fügen sich die sechs bis acht Wochen im Jahr beim Lucerne Festival Orchestra ideal in die engen Zeitpläne der Scala-Agenda. Für Chailly war dies eines der Hauptargumente, das Angebot anzunehmen.

Mann im Frack mit Taktstock.
Legende: Meister Abbado dirigiert am Lucerne Festival 2004. Keystone

Mahlers visionäre Kraft

Ausserdem war es Chaillys Lucerne-Vorgänger Claudio Abbado, der den damals 21-jährigen Komponistensohn 1970 zum Assistenten für die Sinfoniekonzerte des Scala-Orchesters berief.

«Erst durch Claudio habe ich die Musik Gustav Mahlers überhaupt kennengelernt», sagt Riccardo Chailly, der später als Chefdirigent in Amsterdam ins Epizentrum der Mahler-Pflege wechselte.

In den Archiven des Concertgebouw Orchestra werden bis heute die Mahler-Partituren Willem Mengelbergs gehütet. Mengelberg war einer der ersten Dirigenten von Weltrang, der die visionäre Kraft seines Zeitgenossen Mahler erkannte und sich für dessen Musik einsetzte. Eine Tradition, der sich Riccardo Chailly auch für Luzern verpflichtet fühlt.

Riccardo Chailly

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  • Ausbildung u.a. am Mailänder Konservatorium, Perugia und Siena
  • Ab 1970 Assistent von Claudio Abbado an der Mailänder Scala
  • Chefdirigent u.a. in Amsterdam (Concertgebouw Orchestra 1988 – 2004), Leipzig (Gewandhausorchester 2005 – 2015)
  • Seit 2015 musikalischer Direktor der Mailänder Scala
  • Seit 2016 Chefdirigent des Lucerne Festival Orchestra

Kein Aufwand wird gescheut

Mit Mahlers 8. Sinfonie, der «Sinfonie der Tausend», knüpft Chailly an Abbados legendären Luzerner Mahler-Zyklus an, indem er zugleich den fehlenden Schlussstein einfügt.

Die Achte ist die einzige der Mahler-Sinfonien, die Abbado nicht in Luzern dirigierte. Gerüchteweise, weil er keinen Zugang fand zu diesem Mammutwerk mit seinen drei Chören, acht Gesangssolisten, dem Knabenchor, einem maximal besetzten Orchester und dem philosophischen Überbau der vertonten Texte.

«Mahler hätte die musikalische Weltordnung neu definiert»

Chailly würde sich dazu nie einen Kommentar erlauben. Er spricht allein von seiner Verehrung fürs Werk, das er zuletzt in Leipzig dirigierte. Damals sass der Festival-Intendant Michael Haefliger im Publikum – Abbados Nachfolger für Luzern war gefunden.

Gustav Mahler mag mit seiner «Sinfonie der Tausend» die Dimensionen eines Klangapparats auf der Bühne ausgereizt haben.

Für Riccardo Chailly ist das Werk dennoch kein Endpunkt: «Ich bin überzeugt, dass Mahler nach seiner unvollendeten, auf die zweite Wiener Schule verweisenden 10. Sinfonie noch viel weiter gegangen wäre. Eine 11. oder 12. Sinfonie hätte die musikalische Weltordnung neu definiert. Allein – er starb einfach zu früh.»

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