Dee Dee Bridgewater ist eine der bekanntesten lebenden Jazzsängerinnen überhaupt. Sie ist ein glamouröser Star und auch über die Grenzen des Jazz bekannt. Bei Künstlerinnen und Künstlern ihres Kalibers ist es üblich, dass man für einen Interviewtermin über das Management geht – was ich auch tat. Aber leider mit mässigem Erfolg. Ich erhielt zwar Antwort, aber keinen konkreten Interviewtermin. Der Zeitplan sei zu ungewiss, hiess es.
Darum versuche ich am Tag ihres Konzerts in Basel einfach mal mein Glück. Ich suche Dee Dee Bridgewater vor dem Soundcheck im Backstage des Stadtcasinos auf und stelle mich vor. Spontan und offen ist sie einverstanden mit einem Interview. Sie könne mir zwanzig Minuten geben, sagt sie.
Auf dem falschen Fuss erwischt
Während dem ich mein Mikrophon bereitmache, erzähle ich Dee Dee Bridgewater von unserer Reihe «Viva la Diva», und dass ich sie gerne portraitieren würde. Aber ich sehe ihr sofort an, dass ihr das wenig schmeichelt. Sie sagt, sie möge das Wort «Diva» nicht und sie möge auch nicht, dass ihr Name in diesem Zusammenhang fällt. Meine Chancen auf ein angeregtes, offenes Interviewgespräch stehen schlecht. Ich überlege mir, ob sie mich sogar gleich rausschmeisst.
«Diva» – ein Schimpfwort
Das Wort Diva heisst übersetzt «die Göttliche» und bezeichnet in erster Linie eine Sängerin oder Schauspielerin, die wegen ihrer ausserordentlichen Begabung berühmt ist. In der Umgangssprache hat sich die Bedeutung aber bekanntlich geändert und ist heute vor allem negativ konnotiert. Leider auch für Dee Dee Bridgewater.
Beim Wort «Diva» kommen ihr folgende Adjektive in den Sinn: «unzugänglich, anspruchsvoll, besserwisserisch, unsympathisch und egoistisch.» Sie betont: «Ich bin bestimmt keine Diva. Ich bin eine fokussierte Musikerin, die sich selber vermarktet. Meine Musik publiziere ich selber. Ich bin aus eigener Kraft bis ganz nach oben gekommen. Eine Musikerin, die das schaffen will, kann es sich nicht leisten, unzugänglich zu sein.»
Ein Profi, keine Diva
Sendungen zum Thema
Ich gerate durch Dee Dee Bridgewaters heftige Reaktion in die Defensive, stelle aber tapfer meine weiteren Fragen. Und ich merke, Dee Dee Bridgewater ist zwar gereizt, aber sie lässt sich auf ein Gespräch ein – ja mehr noch: Sie liefert mir am Ende sogar sehr interessante Statements. Dass sie sich in dieser Situation zugänglich zeigt, rechne ich ihr hoch an. Denn hätte sie mich rausgeschmissen, wäre sie genau als das dagestanden, was sie eigentlich abstreitet: als Diva.