Mauro Peter, Sie sind Sänger, aber auch Fussballfan. Die Fussball-WM ist seit kurzem vorbei – wären Sie nach Brasilien gereist, wenn Sie die Möglichkeit gehabt hätten?
Soweit wäre ich jetzt doch nicht gegangen, obwohl ich leidenschaftlicher Fussballfan bin. Da genügt mir im Moment der Fernseher. Aber ich mag das Live-Erlebnis generell sehr, doch ich muss sparsam damit umgehen. Ich lasse mich im Fussballstadion leicht gehen, beim Singen im Stadionchor bin ich leidenschaftlich mit dabei. Fürs Singen ist das dann nicht ideal.
Sie wollten als Kind selber Fussballer werden. Wieso ist es nicht dazu gekommen? Hat sich das quasi von selber entschieden, weil Sie musikalisch begabter waren?
Fussball war eher ein Traum als ein wirkliches Ziel. Das ist von meinem Talent her auch nie zur Debatte gestanden, es hat mir einfach immer Spass gemacht. Definitiv erledigt hat sich meine Fussball-Laufbahn, als ich Probleme mit der Achillessehne bekam.
Sport und Musik nimmt man in der Regel als Gegensätze wahr. Oder gibt es auch Gemeinsamkeiten?
Es gibt viele Gemeinsamkeiten, auch wenn der Ansatz ein ganz anderer ist. Im Sport geht’s um Punkte, ums Siegen. In der Musik geht es mir unter anderem um das schöne Singen. Aber psychologisch und mental gibt es Berührungspunkte, deshalb schaue ich auch gerne Sport. Ein Spieler muss sich sehr genau überlegen, wie er einen ganzen Match angeht. Und wenn ich auf die grosse Bühne trete und da warten 1000 oder 2000 Leute, dann spüre ich auch einen gewissen Druck. Da muss ich mich als Sänger mental sehr gut vorbereiten, wie ich auf den Punkt hin die bestmögliche Leistung abrufe.
Sportler legen sich ja auch manchmal einen Ablaufplan fest: eine Art Taktik, wann sie wie welchen Einsatz leisten. Kennen Sie das auch?
Die Kräfteeinteilung ist für Sänger bei langen, grossen Rollen wichtig, zum Beispiel im Wagner-Fach. Aber das betrifft mich ja nicht, eine Art Taktik kenne ich somit nicht. Höchstens dass ich, wenn ich ganz wach bin, während des Singens die eine oder andere Korrektur vornehme. Dass ich mich selber führe, wenn ich merke, dass ich mich an einer Stelle etwas zu fest gehen lasse. Aber es darf ja auch nicht zu technisch werden. Ich muss mich physisch gut vorbereitet und dann einfach parat sein, wenn es losgeht.
Und wie steht es mit der Fitness? Sie brauchen ja auch Muskeln zum Singen.
Ja, aber mit dem Singen ist es eine andere Sportlichkeit. Mein Bruder ist Profi-Squasher und muss körperlich ganz anders fit sein als ich. Als Sänger brauche ich andere Muskeln. Trotz der Anstrengung muss ich meine Lunge und meinen ganzen Körper ruhig halten, damit der Ton schön fliesst. Man kann sich als Sänger schlecht pushen, wie das Sportler tun.
Sie haben kürzlich Ihren ersten Liederabend in der Schweiz gesungen: Die «Winterreise» von Franz Schubert, dieser düstere Liederzyklus, bei dem am Ende der Tod steht. Das ist happiger Stoff für einen so jungen Sänger wie Sie.
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Ja, aber Schubert war selber gerade erst 30, als er diese Musik komponierte. Was ich interessant finde: Das erste gesungene Wort in diesem Zyklus ist «fremd». Es geht nicht nur um den Tod, sondern auch um Fremdheit und Einsamkeit. Und Gefühle des Ausgeschlossen-Seins haben auch schon Teenager. Wenn jemand merkt, dass er nicht zur Gruppe gehört. Oder wenn man selber nicht versteht, wie das genau geht mit der Liebe. Ich selber habe nicht unbedingt einen älteren Sänger im Kopf, wenn ich an die «Winterreise» denke.
Und die Frage nach der musikalischen Reife?
Die wird immer wieder gestellt. Ich glaube, Liedsingen ist an sich nicht sehr sinnvoll, ohne über Gefühle nachgedacht zu haben. Aber das bedeutet nicht unbedingt, dass man einen riesigen Berg an Lebenserfahrung braucht.