- Der Leistungsausweis von Susanna Mälkki ist imposant: Dazu gehören Konzerte mit den Berliner und den New Yorker Philharmonikern oder in der Mailänder Scala.
- Mälkki gehört zur Top-Liga der Dirigierenden. Die Behauptung, es sei noch zu früh für Dirigentinnen an der Spitze von Top-Orchestern, wird nicht nur durch Mälkki widerlegt.
Mälkkis hochkonzentriertes Musizieren fesselt: Unter ihrer Leitung schreitet der Trauermarsch des vierten Orchesterstücks von Anton Webern in unerschütterlich langsamem Tempo voran.
Das Stück verharrt in leisen, bisweilen fast unhörbaren Klängen, doch trotzdem vermag Mälkki die Spannung zu halten. Sie steigert die Intensität nach und nach, um sie erst am Ende in voller Wucht zu entladen.
Intensiv, aber nicht sentimental
In idealer Weise paart sich bei Mälkki solche musikalische Grösse mit einer noblen Eleganz. Von Letzterer zeugt der stets geschmackvolle, nie ins Sentimentale abgleitende Ausdruck sowie die exquisiten Klangmischungen.
Susanna Mälkki führt das Orchester mit äusserst präzisen Gesten. Noch die kleinste Nuance zeigt sie mit einem fast unmerklichen Wink des Taktstocks an. Dies verweist auf die effiziente finnische Dirigier-Schule von Jorma Panula, welche Mälkki wie so viele erfolgreiche nordische Dirigierende durchlaufen hat.
Eindrückliche Karriere
Ihre Karriere beginnt als Solocellistin bei den Göteborgern Symphonikern. 1999 folgt der Durchbruch als Dirigentin, als sie in Helsinki die Oper «Powder Her Face» von Thomas Adès dirigiert.
Bald darauf wird sie Chefdirigentin des Stavanger Symphonieorchesters und leitet anschliessend von 2006 - 2012 das Ensemble intercontemporain in Paris.
Ihre Debüts bei den Berliner und den New Yorker Philharmonikern sowie an der Scala in Mailand hat sie hinter sich – im kommenden Dezember folgt ihr erstes Dirigat an der New Yorker Metropolitan Opera. Ab kommender Saison wird sie Principal conductor beim Los Angeles Philharmonic.
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Spezialgebiet Neue Musik
Seit einigen Tagen ist Susanna Mälkki nun aber primär Chefdirigentin in ihrer Heimatstadt Helsinki. Die Kritik für ihren Auftritt beim Saison-Eröffnungskonzert fällt durchweg positiv aus.
Für ihre Rückkehr nach Finnland setzt sie einerseits auf ihr Spezialgebiet Neue Musik, anderseits auf Musik aus ihrer Wahlheimat Frankreich: Ravel, Debussy, Messiaen und Dutilleux stehen auf dem Programm und natürlich Hector Berlioz.
Dessen «Symphonie fantastique» war eines der ersten Stücke, das sie bewogen hat Dirigentin zu werden.
Finnin in Paris
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Ihren Lebensmittelpunkt belässt Mälkki jedoch vorerst in Paris, wo sie seit mittlerweile zehn Jahren lebt. Sie liebt die Stadt, ihre Liebsten wohnen dort. Zudem sei das Klima weniger rau als in Finnland, sagt die 47-Jährige im Interview.
Trotzdem fühlt sie sich ganz und gar als Finnin und pflegt gerne den selbstironischen finnischen Humor. Sie freut sich, dass sie nun mit den Musizierenden ihres Orchesters in ihrer Muttersprache arbeiten kann.
Tatsächlich «zu früh» für die ganz grossen Orchester?
Mälkki gehört ohne Zweifel zur Top-Liga der Dirigierenden. Intendanten und Intendantinnen, welche sich nach wie vor um die Einladung von Maestras drücken, dürften bei solchem Potenzial in argen Erklärungsnotstand kommen.
Auch die erst kürzlich gehörte Behauptung des Intendanten des Lucerne Festival Michael Haefliger, es sei noch «zu früh», dass eine Frau eines der grossen Orchester der Welt leitet, wirkt spätestens in Anbetracht einer Musikerin wie Susanna Mälkki anachronistisch.
Die Gründe dafür, dass es noch «zu früh» sein soll, liegen wohl sehr viel weniger in den Händen solcher Dirigentinnen als in den Köpfen der Intendanten. Am Lucerne Festival war Mälkki immerhin schon mehrmals zu Gast, das Zürcher Tonhalle Orchester hingegen durfte diese hochinteressante Dirigentin erst einmal leiten, als Einspringerin.