Beckmesser ist ein Loser. Beckmesser ist eine Witzfigur. Er stolpert, er hinkt, er taumelt umher und kreischt herum. Das jedenfalls schreibt Richard Wagner ihm vor, im selbst verfassten Libretto zu seiner einzigen komischen Oper «Die Meistersinger von Nürnberg». So hat dieser Beckmesser nicht viel zu lachen, obwohl er einer der zwölf Meistersinger ist UND Stadtschreiber in Nürnberg.
Bringt ihm aber nichts – den Gesangswettbewerb um die Hand der schönen und reichen Eva Pogner verliert er kläglich, alle lachen ihn aus, demütigen ihn, den Aussenseiter, den Sündenbock. Man könnte Mitleid haben – aber Beckmesser ist eben auch Pedant. Er befolgt Regeln und Gesetze krankhaft genau und lässt an anderen kein gutes Haar.
Parodie von Eduard Hanslick
Wagner will ihn wohl unsympathisch und erfolglos haben, denn mit dem Beckmesser parodiert er seinen Intimfeind, den Wiener Musikkritiker Eduard Hanslick, der zu seinen heftigsten Gegnern gehört. Hanslick ist Jude, und so können wir Beckmesser auch als antisemitische Karikatur sehen. Wagner hat zeitlebens grosse Probleme mit seinen jüdischen Kollegen und leider haben die Nazis die Meistersinger für ihre Propaganda benutzt.
Aber, grosses Aber: Wir könnten das auch anders sehen! Oder besser hören. Denn Beckmessers Musik ist für unsere Ohren die modernste, er singt quasi schon Zukunftsmusik, mal nervös, mal komplex, mal absurd, in jedem Fall innovativ. Ja dieser Beckmesser gehört zur Moderne – was man von den meisten anderen Wagnerfiguren nicht behaupten kann.