Die weiche Brust hinter einem starken Stahl geschützt, ein Helm aus Eisen, unter dem eine wallende Mähne hervorquillt - blond ziemlich sicher, stammen die Walküren doch aus der Sagenwelt des Nordens. Die Frauen selbst so kräftig wie die Pferde auf denen sie sitzen. Die Walküren sind die Töchter von Göttervater Wotan, der ihnen ein blutiges Geschäft auferlegt hat: Sie sammeln mit wildem Geschrei die Leichen der gefallenen Helden nach der Schlacht und geleiten die Tapferen nach Walhall.
Doch Brünnhilde ist anders als die andern: empathisch, mitfühlend. Sie begehrt gegen ihren Göttervater auf, verkündet nicht wie ihr befohlen dem Helden Siegmund seinen bevorstehenden Tod, sondern schützt ihn, weil er ihr Leid tut. Das nützt Siegmund zwar nicht viel, dafür kann so Sieglinde, die schwanger mit Siegfried ist, entkommen.
Eine Göttin wird menschlich
Für Brünnhilde bedeutet dieser Ungehorsam den Bruch mit Göttervater Wotan. Mit weitreichenden Konsequenzen: die göttliche Brünnhilde soll so werden, wie sie sich verhält. Das heisst menschlich. Und also auch sterblich.
Im «Ring des Nibelungen» wandelt sich die göttliche Walküre mit dem blutigen Handwerk fortan zu einem Wesen aus Fleisch und Blut. Sie begeht Fehler, weil sie ihr privates Liebesglück mit Siegfried vor ihre Mission stellt, den Ring zurückzuholen. Und sie wird indirekt sogar schuldig am Tod ihres Geliebten Siegfried.
Eine Göttin fällt - und wird unsterblich
So tief kann eine Göttin im Laufe von drei Opernabenden fallen. Und am Schluss doch unsterblich werden. Als Brünnhilde schliesslich die wahren Zusammenhänge erkennt und auch ihre Bestimmung, den Fluch des Rings zu lösen. Als Liebende steigt sie auf den brennenden Scheiterhaufen und reinigt mit ihrem Opfertod den Ring vom Bösen – und führt damit auch das Ende der Götter herbei.
Und eine Randbemerkung zu dieser grossen Geschichte: Das Vorbild zum effektvollen Abgang mittels Selbstverbrennung hat Wagner 1850 bei einem Theaterbesuch in Paris kennengelernt, in der Oper «Le Prophète» von Giacomo Meyerbeer, einem jüdischen Komponisten und Wagners grosse Hassfigur.