Bis heute gehört die Grammy-Preisträgerin zu den meistgespielten Komponistinnen ihrer Zunft. In einem Ranking des Klassik-Musikmagazins «Backtrack» landete sie auf Platz 11 der meistgespielten Komponistinnen.
Dieser Erfolg war keineswegs vorprogrammiert, obwohl Saariaho, die 1952 in Helsinki geboren wurde, schon als Kind Melodien in ihrem Kopf hörte.
Während ihres Kompositionsstudiums an der Sibelius-Akademie im Finnland der 70er-Jahre sagten einige Kompositionslehrer zu ihr, es lohne sich nicht, sie zu unterrichten. Sie sei zu hübsch und würde sowieso bald heiraten.
Doch die Finnin ignorierte die sexistischen Abwertungen und ging konsequent ihren Weg. Dieser führte sie erst nach Deutschland, wo sie in Darmstadt und der Hochschule für Musik in Freiburg studierte.
Keine Scheu vor grossen Fragen
In den 80er-Jahren zog sie nach Paris, wo sie eine Heimat und ihre eigene musikalische Sprache fand. Am vom Komponisten Pierre Boulez gegründeten IRCAM (Institut de recherche et coordination acoustique/musique) lernte sie die Computermusik kennen. Schon bald reicherte sie ihre eigenen Kompositionen mit deren Elementen an.
Ihre erste Oper «L’Amour de Loin» feierte im Jahr 2000 an den Salzburger Festspielen Premiere. Bereits dort zeigte sich, dass sie nicht vor den grossen Fragen zurückscheute: Was genau lieben wir, wenn wir uns in jemanden verlieben? Und wie gehen wir damit um, wenn ein geliebter Mensch stirbt?
Es sei für sie eine Notwendigkeit, diese Fragen in ihren Kompositionen anzugehen, sagte sie einmal: «Sie gehören zu den wichtigsten Dingen, die Menschen erleben können, und ich habe versucht, mit meiner Musik darüber zu sprechen», so Saariaho.
Ein eigenes Universum
Die Musik der Finnin sei «eine reichhaltige, expressive Musik, die glitzert, träumt und schwebt», so SRF-Musikredaktorin Theresa Beyer. Gegenüber SRF erzählte die Komponistin einmal, dass sie für jedes ihrer Werke ein harmonisches Gebäude baue. Dabei nimmt sie einen Anfangsakkord, der dann zum Haus für die ganze Musik wird.
«Kaya Sarias Musik ist wie ein eigenes Universum, in dem alles aufgeht», sagte die finnische Dirigentin Susanna Mälkki, die sich auf Saariahos Musik spezialisiert hat, über die Komponistin. «Obwohl diese Musik abstrakt ist, hat sie ihren eigenen Fluss, hat Phrasen und spricht zu unserer Seele.»
Bis zuletzt gearbeitet
Am 2. 2023 Juni nun ist Kaija Saariaho zu Hause in ihrem eigenen Bett in Paris friedlich eingeschlafen, wie ihre Familie bekannt gab. Sie wurde 70 Jahre alt.
Im Statement der Familie geht es auch dem Gehirntumor, der Saariaho vor zwei Jahren diagnostiziert wurde und wegen dem sie im Rollstuhl sass. Sie habe ihre Krankheit als Privatsache angesehen, schreibt die Familie.
Bis zuletzt sei die Komponistin positiv geblieben und habe sich auf ihre Arbeit fokussiert, auf ihr Trompetenkonzert «Hush», das im August 2023 in Helsinki uraufgeführt wird. Sie habe sich immer wieder herausgefordert, neue Richtungen einzuschlagen und ein volles Leben gelebt.