Zum Inhalt springen
Daumen, die wie das Facebook-Like-Zeichen in die Höhe zeigen.
Legende: Daumen hoch oder runter für die Zukunft von Facebook? Sicher ist nur: Facebook wird sich grundlegend ändern. Bildmontage SRF

Netzwelt Happy Birthday, Facebook! Du bist noch lange nicht tot

Das weltgrösste soziale Netzwerk feiert seinen 10. Geburtstag. Während viele dem Netzwerk keine Zukunft voraussagen, investiert das Unternehmen in einen neuen Forschungszweig: Machine Learning. Damit will es seinen Wert steigern – und das wird auch gelingen.

Zum 10. Jubiläum hat sich Facebook selbst ein grosszügiges Geschenk gemacht. In New York hat sich das Unternehmen ein neues «Artificial Intelligence Laboratory» eingerichtet. Das bescheidene Ziel: Maschinen das Denken beibringen.

Nicht nur Facebook setzt auf das sogenannte Machine Learning. Fast alle grossen US-Internetplayer investieren im Moment in diesen Bereich. Google kaufte kürzlich die britische Firma DeepMind, die ebenfalls daran arbeitet, Computern das Denken beizubringen. Ein Preis wurde offiziell nicht genannt. Nach Informationen der «Financial Times» zahlte Google rund 500 Millionen Dollar – und soll damit Facebook überboten haben, das Berichten zufolge ebenfalls an dem Unternehmen interessiert gewesen sei.

Wissen aus Daten aufbereiten

Machine Learning

Box aufklappen Box zuklappen

Maschinelles Lernen beschreibt den Prozess, wie man Wissen aus Daten aufbereitet: Ein künstliches System lernt aus Beispielen und kann dadurch anfangen, zu verallgemeinern. Es lernt nicht einfach die Beispiele auswendig, sondern es „erkennt“ Gesetzmässigkeiten in den Lerndaten. So kann das System auch unbekannte Daten beurteilen.

Der Grund, warum ein soziales Netzwerk und eine Suchmaschine in künstliche Intelligenz investieren, ist naheliegend: Facebook und Co. haben eine Unmenge von Daten, die sie besser nutzen wollen – und dafür wird Artificial Intelligence benötigt. Machine Learning soll die Erfahrung, die in diesen Daten steckt, aufbereiten.

«Facebook ist eine Firma, deren Wert im Vernetzen von Teilnehmern besteht», sagt Joachim Buhmann, Informatik-Professor an der ETH und Leiter des Labors für maschinelles Lernen. Und Facebook will seinen Wert auch in den nächsten Jahren steigern: «Die Netzwerkdaten enthalten unglaublich viel Information über unser Verhalten, über die Art und Weise, wie wir unser Leben organisieren», so Buhmann. «Wenn ich diese Strukturen verstehe, kann ich die Menschen beim Vernetzen unterstützen und ihnen Hilfestellungen geben. Ich kann in vielerlei Hinsicht einen Mehrwert für Personen schaffen, die diesen Mehrwert tatsächlich auch haben wollen.»

Durch die Strukturen Erkenntnisse gewinnen

Durch Netzwerkanalysen kann man schon heute viele Informationen herausfiltern. «Man kann nur durch Beobachtung der Wechselwirkungen auf Facebook vorhersagen, ob ein einzelner Teilnehmer, ein sogenannter Knoten, männlich oder weiblich ist», erklärt Buhmann. Auch könne man aus den Strukturen ablesen, ob beispielsweise zwei dieser Knoten verheiratet seien.

Man muss also gar nicht wissen, ob der Beziehungsstatus nun «ledig», «verheiratet» oder «Es ist kompliziert» lautet. Allein die Art, wie wir vernetzt sind, und wie wir innerhalb dieser Netzwerke kommunizieren, kann einiges über uns aussagen. «Und wenn man das versteht, dann kann man Services auf diesen Einsichten aufbauen, und diese Services stellen für viele Leute einen erheblichen Mehrwert da.»

Der personalisierte Bergführer

Ein junger Mann vor einer blauen Wand, auf der ein F steht.
Legende: Facebook-Gründer Mark Zuckerberg will künftig noch genauer über Nutzerbedürfnisse Bescheid wissen. Keystone

Firmen wie Facebook oder Google geht es also darum, den Kunden die richtige Antwort für jede Situation zu bieten – oft noch bevor sie wissen, dass sie eine Antwort brauchen. Diese Vorschläge sollen immer personalisierter und damit für die einzelnen Kunden entsprechend nützlicher werden.

«Google ist – wenn man es mal platt sagen möchte – unser Pfadfinder im Internet, oder besser: unser Bergführer. Und je besser sich mein Bergführer auskennt, desto grösser ist der Wert seiner Ratschläge für mich», sagt Buhman.

Die Suchmaschinen-Firma entwickelt unter anderem gerade den Dienst Google Now, der als eine Art persönlicher Assistent seiner Nutzer auftritt und sie zum Beispiel bei ihren Terminen auf Verzögerungen durch Verkehrsprobleme hinweist.

Totgesagte leben länger

Welche Produkte, Services oder welchen Mehrwert nun Facebook mit seinem «Artificial Intelligence Laboratory» schaffen und verkaufen will, verrät CEO Mark Zuckerberg nicht.

Vielleicht auch, weil er selbst noch nicht weiss, wohin die Reise gehen wird. «Facebook hat sicher das Ziel, als eine der führenden Firmen die Herausforderungen der Netzwerk-Technologien in den Griff zu bekommen», sagt Buhmann. «Wohin sich das Unternehmen konkret entwickeln, kann man bei diesen gigantisch schnellen Entwicklungszyklen nicht vorhersagen.»

Dass in den Medien Facebook zum Jubiläum gerade die Totenkränze gewunden werden und man dem Netzwerk dasselbe (und baldige) Ende wie Myspace voraussagt, kann man also als reine – und vor allem unsinnige - Spekulationen abtun. Facebook wird es genauso wie Google weiterhin geben, bloss nicht mehr in der Form, in der wir sie heute kennen.

Meistgelesene Artikel