Worum geht’s?
Das Prinzip der App Gershad ist einfach: Alle Nutzer können potentielle iranische Sittenwächter auf einer Karte markieren und somit alle anderen Nutzer warnen. Die App bietet die Möglichkeit, die Grenzen der Freiheit im Iran auszuloten. Wie sehr, ist jedem selbst überlassen.
Warum ist’s interessant?
Im Iran gilt ein strenges Sittenbild. Frauen, die beispielsweise das Kopftuch etwas lockerer tragen, sich auffällig schminken oder mit einem Mann auf einem Mofa fahren, müssen mit ernsten Restriktionen rechnen. Allein im Jahr 2014 sollen die Sittenwächter ungefähr drei Millionen Verwarnungen ausgesprochen haben. Dazu müssen Betroffene mit öffentlichen Reuebekenntnissen, aber auch mit Haftstrafen oder Peitschenhieben rechnen.
Trotz der heftigen Vorgehensweise der Sittenwächter bleibt das Bedürfnis nach mehr Freiheit. Zwei iranische Programmierer haben das verstanden und im Februar die App Gershad lanciert, die helfen soll, den Sittenwächtern zu entkommen.
Der neuerliche Einsatz von Wächtern in zivil und die Unsicherheit, ob die App nicht auch von der Regierungsseite manipuliert wird, macht es jedoch zunehmend schwerer, der App glauben zu schenken.
Obwohl die Regierung den Zugang kurzfristig sperren konnte, suchen die Programmierer nach immer neuen Wegen, die Autoritäten zu unterlaufen. Für die Nutzer der App und für die Macher ist jedoch klar: Egal ob die App zugänglich ist oder nicht, das Zeichen sei wichtiger. Das ist auch der Tenor in den Sozialen Medien.
Zehntausende hätten mit dem Download der App symbolisiert, dass sie nicht zufrieden seien mit den Regeln, die der iranische Staat für sie vorsieht.
Wer hinter Gershad steht ist unklar. Die Programmierer möchten anonym bleiben, aus Angst vor Verfolgung. Auf ihrer Webseite heisst es, dass sie mit Gershad die Macht den Bürgern geben wollen. Ihre Hoffnung sei es, dass die App irgendwann überflüssig ist.
Hier finden sie die Webseite von Gershad (persisch) und den Link zu den Bobs Awards der Deutschen Welle.