Worum geht's?
Indien dominiert die Schlagzeilen regelmässig mit sexueller Gewalt gegen Frauen. Die Dunkelziffer ist hoch – wie in den meisten Ländern. Die wenigsten der Betroffenen sprechen in Indien offen über ihre Erlebnisse, auch aus Angst vor Beschimpfung oder Familienausschluss. Auch Medienhäuser und Politiker scheuen sich nicht, den Opfern die Schuld zu geben.
Der Journalist Yusuf Omar der «Hindustan Times» hat eine Möglichkeit gefunden, wie die Opfer ihre Geschichte dennoch erzählen können – und zwar mit dem mobilen Messaging-Dienst Snapchat .
Es gibt bei Snapchat eine Funktion, mit der man sich im Video einen Filter über das Gesicht legen kann. Eigentlich eine Spass-Funktion, um die Videos für seine Freunde aufzupeppen. Aber man kann jemanden damit auch unkenntlich machen.
So erzählen die von Yusuf Omar befragten Frauen mit Drachenmaske im Gesicht ihre Geschichte – anonym. Anlass war die Berichterstattung über den Solidaritäsmarsch Climb Against Sexual Abuse .
Warum ist's interessant?
Anonymisierung in Videos ist kein Novum. Journalisten verfremden regelmässig Gesichter, indem sie sie zum Beispiel verpixeln. Jedoch sind die Befragten von den Journalisten abhängig, dass sie es auch wirklich machen. Auch wissen sie nicht, wie sie im Video wirken.
Der Journalist Yusuf Omar ermöglicht es den Befragten sich sicher zu fühlen, da sie sich selbst filmen mit Filter im Gesicht. So sehen sie direkt, wie das Video aussieht. Ausserdem ist die Form des Selfie-Videos persönlicher. Omar beschreibt das Gefühl der Frauen beim Erzählen so: Es sei wie der Blick in den Spiegel.
Die Frauen gehen in Indien sehr viele Risiken ein, wenn sie ihre Geschichte erzählen, daher ist die Hemmschwelle gross. Dank der einfachen Idee von Yusuf Omar erhalten die Opfer eine Stimme und können so ihre Perspektive erzählen.