Worum geht’s?
Alle kennen das: Wir halten im Netz Ausschau nach einem Restaurant oder einem neuen Shirt. Einen Tag später bekommen wir Werbung eines Restaurants oder die Werbung genau des Shirts, das wir tags zuvor suchten. Das geht ja gerade noch. Aber die Allwissenheit des Internets geht noch weiter. Wenn wir unseren Kindern einen Kinderaccount für Windows 10 einrichten, dann bekommen die Eltern einen Auszug über das Surfverhalten der Kinder.
Wenn wir unsere ganze Familie beim Fahrdienst Uber anmelden, werden wir orientiert darüber, wer wann von wo nach wo gefahren ist. All das beschreibt Markus Böhm in seinem Artikel «Bin ich jetzt irre? Oder ist es die App?» bei Spiegel Online.
Warum ist’s wichtig?
Die kleinen Helfer im Netz erleichtern in der Tat das Leben, wir finden die Nadel im Heuhaufen. Aber sie greifen auch langsam aufs Soziale über. Da wird es manchmal gruselig: Was macht man denn als Elternteil, wenn man so einen Auszug des kindlichen Surfverhaltens in Händen hält?
Das Kind sitzt einem abends gegenüber, am Esstisch, man beginnt: «Na, wie war's? Was Interessantes im Netz gefunden?» Wie soll man mit der Information umgehen, die man hat? Für Eltern, die sich sorgen, scheint das im ersten Moment hilfreich. Das Kind wird erwischt und blamiert dastehen, wenn es geflunkert hat. Sagt es die Wahrheit, wird es sich über den Elternteil wundern. Vertrauen sieht anders aus.
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Noch gruseliger wird es bei einem anderen Serviceangebot: Was ist, wenn man die Information erhält, der Partner sei gestern in Zürichs Niederdorf oder Basels Gundeli oder der Berner Matte unterwegs gewesen – von wegen Meeting! Wie soll man damit umgehen? Zur Rede gestellt ist die Überraschung mit dem Geschenk und der Torte zum Hochzeitstag im Eimer.
Vielleicht weiss man besser nicht immer alles. Vielleicht hatte Lenin Recht, als er sagte: «Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.» Vielleicht gilt das nicht für das Zwischenmenschliche. Da müsste man eher sagen: «Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser.»
Wir alle wollen nicht überwacht sein und würden manchmal doch so gerne überwachen. Vieles davon können wir noch auf irgendwelche anonymen Datenkraken abschieben. Aktuell bekommt Überwachung jedoch ein Gesicht. Manchmal sitzt es uns am Küchentisch gegenüber und sagt: «Na, wie war dein Tag?»