Ach, es hätte ein so schöner Geburtstag werden können. Seit 20 Jahren nun treffen sich an der Tech-Messe SXSW Computertüftler, Software-Genies und hoffnungsvolle Start-up-Gründer mitten in Texas, in Austin.
Was anfangs ein winziges Treffen von Geeks war, ist heute ein Tech-Fest für die Massen von Interessierten, ein Sprungbrett für Start-ups und ein Ort des Networking für Investoren. Hier begann der Kurznachrichtendienst Twitter seinen Aufstieg zu einer globalen Internetsensation.
Über 30‘000 kommen mittlerweile an die Interactive-Woche, auch aus der Schweiz. Noch nie war das Festival so international. Waren es letztes Jahr noch Besucher aus gut 50 Ländern, sind es dieses Jahr bereits 74. Alle bezahlen sie über 900 Dollar für Tickets zum einwöchigen Fest.
Die sündhaft teuren Eintritte erlauben Zugang zu hunderten spannenden – und einer Menge anderer – Diskussionen, Präsentationen von Tech-Grössen und unzähligen Partys. Es wird getrunken und es werden Deals abgeschlossen.
Snowden, der Party-Killer
Neue Apps! Kostenlose Drinks! Das schöne Wetter in Texas! All das wäre eine gute Grundlage für ein schönes Jubiläumsfest – doch der Geburtstag kommt nach einem Jahr, das die Tech-Branche wohl für immer verändert hat. Das Jahr der unfassbaren Enthüllungen des ehemaligen Geheimdienstlers Edward Snowden.
«Das ist ein riesiges Thema für die Besucher hier», sagt der Chef der Interactive-Messe, Hugh Forrest. Soziale Medien hätten einen Grossteil des Wachstums der Branche und der Wirtschaft ausgemacht in den letzten paar Jahren. «Doch wir realisieren langsam aber sicher, dass dieses Wachstums und die sozialen Medien auch Nachteile haben. Es ist ein Thema, bei dem die Community mitreden will.»
«Warum war es nicht ein Technologie-Journalist, der den grössten Überwachungsskandal der Welt aufgedeckt hat?», fragen Technologie-Blogger an einer Podiumsdiskussion. An einer anderen bringen Experten von Firmen wie Google, Tumblr und Dropbox Start-ups bei, Transparenz-Berichte zu machen, die über Regierungsanfragen informieren. Sogar ein Werber sorgt sich am ersten Tag an einer Diskussion um die Privatsphäre bei neuen Technologien, die immer mehr Daten aufzeichnen.
Die Tech-Welt ist eine andere
Edward Snowden wird die Tech-Enthusiasten am Montag per Videoschaltung erreichen. Er spricht im grössten Saal des Festivals und wird wegen der grossen Nachfrage noch in zwei andere übertragen. Snowden gibt seinen ersten grossen öffentlichen Auftritt, seit er in Russland Unterschlupf fand, nachdem er Dokumente von Geheimdiensten an die Presse weitergegeben hatte.
Snowden spricht in der Mitte der Veranstaltungswoche, und er dürfte auch sonst ganz im Mittelpunkt stehen und einigen Stars der Branche die Show stehlen. Eric Schmidt, Verwaltungsratschef von Google, und die Clinton-Tochter Chelsea sind als Redner eingeladen, und Ann Wojcicki, Chefin der Firma 23andme, die spottbillige DNA-Tests für die Massen herstellt, hält einen Vortrag.
Nicht, dass ein falscher Eindruck entsteht: Auch diese Stars der Branche werden viele Zuschauer anziehen. Genau so wie bis zum Ende der Konferenz eine Horde neuer Apps und Gadgets vorgestellt werden und an vielen Partys kostenlose Drinks getrunken und verschüttet werden. Die Tech-Welt dreht sich weiter. Doch nach dem Skandal, den Edward Snowden aufgedeckt hat, ist sie eine andere.