Lächelt Sie bei fast jeder SMS ein Emoji an? Oder verzieren Ihre Freunde Einladungen per Text-Nachricht mit Emoji-Früchtchen oder schmucken Emoji-Kuchenstücken? Dann geht es Ihnen wahrscheinlich so wie den meisten Smartphone-Benutzern: Emojis haben in der digitalen Kommunikation einen festen Platz eingenommen. Und nicht nur das: Sie sind auch Teil gesellschaftlicher Diskussionen geworden.
Am Anfang war ein Popsternchen
Dazu hat auch Sängerin Miley Cyrus beigetragen: Im Dezember 2012 twitterte sie: «RT if you think there needs to be an #emojiethnicityupdate». Mehrere Tausend Leute taten es ihr gleich und twitterten für mehr ethnische Diversität im Emoji-Repertoire. Mehr Emoji-Figuren mit anderen Hautfarben lautet die Forderung.
Das Thema schien die Gemüter zu erhitzen. Ein Jahr später wurde bei Apple gar eine Petition zur Diversifizierung der Emojis eingereicht. Mit bedingtem Erfolg: Im März 2014 verkündete Apple mit dem Unicode-Konsortium , an mehr Icons für Menschen unterschiedlicher Hautfarbe zu arbeiten.
Seit Juni ist nun klar: Der Rubel und der Stinkefinger sind unter den 250 neuen Emojis. Ob es auch einen dunkelhäutigen Menschen als Icon geben wird, bleibt noch offen.
Emojis, die die Welt nicht braucht?
Das ist der ernsthaftere Teil in der Diskussion um die Frage: Welche Emojis braucht die Welt? Es gibt auch einen anderen: Auf Facebook etwa wird nach ein Hot Dog-Emoji verlangt, andere sehnen sich nach einem Icon für einen Selfie, einen Starbucks-Becher oder einen Taco.
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Doch es wird nicht nur nach mehr verlangt – es besteht auch der Wunsch nach einer reinen Emoji-Kommunikation: Demnächst soll das soziale Netzwerk Emojili online gehen, in dem die Nutzer ausschliesslich mit Emojis kommunizieren können. Schon jetzt sind 50'000 Nutzer registriert. Und um das Ausmass des Emoji-Wahns noch deutlicher zu machen: Herman Melvilles Klassiker «Moby Dick» von 1851 wurde in Emoji-Icons übersetzt. Sein wenig origineller Titel: «Emoji Dick».
Nicht einmal die Hochkultur ist also vor dem Emoji-Wahn sicher. Doch wieso? Sind wir digitalen Menschen alle ein bisschen gaga? Was scheren uns diese unnützen Icons, die doch einst so verpönt waren?
Gleicher Effekt wie ein echtes Lächeln
Eine mögliche Antwort liefert unser Hirn. Dieses scheint sich an die Emojis gewöhnt zu haben: Eine Studie des australischen Psychologen Owen Churches zeigt, dass der Mensch auf ein gezeichnetes Gesicht genauso reagiert wie auf ein echtes. Eine Nachricht mit einem lächelnden Smiley hat also den gleichen Effekt wie ein echtes menschliches Lächeln. Owen Churches bezeichnet diese emotionale Regung als «kulturell entstandene Reaktion des Nervensystems».
Unser zwischenmenschliches Verhalten hat sich also durch neue Kommunikations-Formen angepasst – und diese haben die Emojis in unsere digitale Sprache integriert. Laut Bernie Hogan, einem wissenschaftlichen Mitarbeiter am Oxford Internet Institute, sind nämlich die 21 Emojis, die in der Nachrichten-App unter «kürzlich verwendet» weilen, fester Bestandteil unserer Grammatik. Und genau diese Anzahl von Emojis reiche auch aus, um dem Geschriebenen die nötige Ausdruckkraft zu geben. Denn: Emotionen gibt es nicht unendlich viele.
Die Lösung für die Emoji-Mania?
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Der sogenannte Emoji-Tracker spricht für Hogans These. Mit diesem Tool kann in Echtzeit festgestellt werden, welche Emojis auf Twitter benutzt werden. Klarer Favorit: Das Herz. Auch ganz vorne mit dabei: Der Tränen-lachende Smiley, der Herzaugen-Smiley und der gerötete Smiley. Und was der Emoji-Tracker auch zeigt: Die meisten Emojis werden eher wenig benutzt. Und wenige wiederum sehr oft.
Und hier mag vielleicht auch die Lösung des Emoji-«Problems» lieben: Es regelt sich nämlich von alleine. Wer Angst hat vor noch mehr Emojis in unserer Sprache, muss sich nicht fürchten. Denn auch, wenn die Auswahl grösser wird: Es werden nicht mehr davon benutzt.
Wer sich trotzdem gar nicht mit den farbenfrohen Icons anfreunden kann: Wenn sich das menschliche Hirn schon an sie gewöhnt hat, wäre es vielleicht an der Zeit, diesen kleinen Symbolen eine Chance zu geben. Es liegt in der Natur der Sprache, dass sie sich verändert – und immerhin haben die Emojis das geschafft, was Esperanto nie geschafft hat: Sie sind weltweit verständlich.