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In einer grossen Halle schauen Tausende Menschen auf eine Bühne
Legende: Game-Turniere wie das «League of Legends»-Finale werden nicht nur online, sondern auch im Stadion verfolgt. Keystone

Netzwelt Wenn Gamer zu Stars werden, will Google mitverdienen

Games sind längst nicht mehr nur ein Hobby: Professionelle Spieler treten in internationalen Ligen gegeneinander an und verdienen damit viel Geld. Das hat auch Google auf den Plan gerufen. Der Internet-Konzern will mit einem Milliardendeal in das lukrative Geschäft einsteigen.

Google könnte dem Fernsehen, wie wir es heute kennen, bald viel ähnlicher sein. Und Gamer könnten den Sportstars, die wir bewundern, bald viel ähnlicher sein. «Wenn mein einjähriger Sohn gross ist, werden seine Helden professionelle Gamer sein», sagt Joost Van Dreunen. Er ist nicht nur selbst ein passionierter Gamer, sondern auch Chef der Analysefirma SuperData, die Online-Games untersucht.

Computergames als Live-Event

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Gamer und Sport-Stars: Der Vergleich ist nicht so abwegig, wie es scheinen mag. Denn es gibt Gamer, die ihr Hobby heute professionell betreiben und in eigenen Ligen gegeneinander antreten. E-Sport nennt sich das. Und diese E-Sports locken viele Zuschauer an, die diese Matches online mitverfolgen.

Diese Woche vermeldeten mehrere Medien, dass Youtube die erfolgreichste Plattform für E-Sportler kaufen will: «Twitch». Dort können Gamer anderen Gamern live beim Spielen zuschauen, ganz ähnlich wie andere Fussball schauen. Der Deal wäre «ein weiterer Schritt zu grösserer Akzeptanz von Gamern», sagte Van Dreunen.

45 Millionen Zuschauer hat «Twitch» eigenen Angaben nach jeden Monat. Diese schauen sowohl Laien beim Gamen zu, wie auch Profi-Gamern an Turnieren. Und auch wenn es eine Nische bleibt, ist es eine grosse Nische: 71 Millionen schauen jeden Monat auf verschiedenen Plattformen live bei solchen Wettkämpfen zu, zeigen Zahlen von SuperData. Das sind doppelt so viele wie noch im Vorjahr.

Beliebteste Heimat der Spieler

Die Heimat der E-Sport-Fans ist «Twitch». Im Februar profilierte sich die Plattform mit einem gigantischen Experiment, bei dem Zehntausende zusammen ein Computergame spielten. Das sorgte weltweit für Schlagzeilen.

Die Wettkämpfe werden nicht nur online, sondern auch wie Sportevents in grossen Stadien abgehalten und von Millionen verfolgt. Eines der beliebtesten Spiele ist «League of Legends». Das Action-Strategiespiel wird in verschiedenen Ligen auf der ganzen Welt gespielt, die Weltmeisterschaft zählt zu den erfolgreichsten Wettkämpfen im E-Sport.

Anfang Mai reisten dafür Gamefans aus der ganzen Welt nach Paris. Und auf «Twitch» schauten Millionen live zu, wie die besten Gamer gegeneinander antraten. Die Spiele wurden kommentiert wie herkömmliche Sportereignisse, die Spieler gefeiert wie Fussball-Stars. Ohnehin ähneln die Gamer den herkömmlichen Sportlern immer mehr: Seit einem knappen Jahr erhalten sie in den USA Einreiseerlaubnisse für Turniere.

Interesse von Werbern

Der Game-Analyst Van Dreunen erwartet, dass E-Sports bald so gross sind wie herkömmliche Sportarten – wie Fussball in den USA beispielsweise, oder American Football in Europa. Also nicht ganz so gross wie die grössten Sportereignisse, aber dennoch gross genug, um lukrativ zu sein. «Wir reden da von einer Multi-Milliarden-Industrie», sagt Van Dreunen.

Von dem Geld sehen auch die E-Sport-Stars selbst immer mehr. Die grössten verdienen laut Van Dreunen und anderen Experten mehrere hunderttausend Dollar pro Jahr. Auf «Twitch» können sie sich ein treues Publikum aufbauen und an den Werbeeinnahmen mitverdienen – ganz wie Videomacher auf Youtube. Doch der grösste Teil des Geldes kommt laut Van Dreunen von Sponsoring-Deals, so wie bei traditionellen Sportarten.

Denn für Werber und Verleger ist «Twitch» eine Plattform geworden, um Spiele zu vermarkten. Hier erreichen sie ein Publikum, das anderswo fast nicht zu finden ist: Auf «Twitch» tummeln sich junge Männer zwischen 18 und 24 Jahren. «Das sind Menschen, die durch traditionelle Kanäle sehr schwierig zu erreichen sind», sagt Van Dreunen.

Googles Schritt ins Live-TV

Und wo Geld mit Werbung gemacht wird, ist Google nicht weit. 5,6 Milliarden Dollar haben Werber Schätzungen zufolge letztes Jahr auf Youtube ausgegeben. Doch ihre Werbung erscheint lediglich rund um archivierte Videos. In Echtzeit passiert bei Youtube fast nichts. Nicht, dass Youtube das nicht versucht hätte: Seit 2011 experimentiert die Videoplattform mit Live-Inhalten. Doch Erfolge gab es nur wenige (einer war der gigantische Werbesprung von Felix Baumgartner aus 40‘000 Metern Höhe für eine Energydrink-Marke). Angeblich hat sich Youtube auch schon um Rechte an Football-Spielen bemüht, wie es letzten Herbst in Medienberichten hiess.

Doch mit Gaming hat Youtube beliebte Live-Inhalte entdeckt, um die sich Fernsehsender gar nicht scheren – und umgekehrt. Durch einen Deal mit «Twitch» würde Youtube auf einen Schlag zum grössten Anbieter von Live-Streaming. Erst für Inhalte wie Gaming, bei dem Zuschauer täglich über eineinhalb Stunden zuschauen. Aber dann möglicherweise auch für viele andere Inhalte.

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