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Eine Frau schaut auf einem Computer ein Video eines Computerspiels.
Legende: Mit «Let's Play»-Videos lassen sich Computerspiele entspannt konsumieren, ohne dass man ins Spielgeschehen eingreift. istock/srf

Netzwelt Youtube-Phänomen «Let's Play»: Zuschauen, wie andere spielen

Auf YouTube schauen Millionen von Nutzern anderen dabei zu, wie sie Computerspiele spielen. «Let's Play» heisst dieses Phänomen, bei dem das virtuelle Spielgeschehen aufgezeichnet und kommentiert wird. Mit Erfolg: «Let's Play»-Kanäle haben mehr Abonnenten als Popstars wie Justin Bieber oder Rihanna.

Ein junger Schwede namens «PewDiePie» betreibt den derzeit erfolgreichsten YouTube-Kanal überhaupt: knapp 25 Millionen Abonnenten hat er. Eine grosse Zahl, die selbst Popstars wie Justin Bieber (8 Millionen Abonnenten) oder Rihanna (12,5 Millionen Abonnenten) in den Schatten stellt. Dabei sieht man in seinen Videos lediglich, wie er Computerspiele spielt und dabei alberne Kommentare von sich gibt.

Zuschauen statt Spielen

«Let's Play»-Videos, wie sie «PewDiePie» und zahlreiche andere Spieler auf Youtube veröffentlichen, gibt es zu Tausenden. Dabei könnte man meinen, dass doch gerade die aktive Beteiligung den Reiz von Video- und Computerspielen ausmacht. Warum ist das blosse Zuschauen denn so spannend?

Range und Rahmel posieren
Legende: Erik Range und Valentin Rahmel machen als «Gronkh» und «Sarazar» erfolgreich «Let's Play»-Videos. Marie Schmidt Photography/Wikimedia

Auch Erik Range und Valentin Rahmel wissen es nicht genau. Sie sind zwei der erfolgreichsten Macher von «Let’s Play»-Videos in Deutschland. Range hat als «Gronkh» bei Youtube 2,7 Millionen Abonnenten, Rahmel als «Sarazar» knapp 1,2 Millionen. Beide können von ihren «Let’s Play»-Videos inzwischen leben und sind Inhaber einer gemeinsamen Firma.

«Das ist mir ein Rätsel»

Die enorme Beliebtheit ihrer Videos lässt sogar die beiden etwas ratlos: «Mittlerweile ist das eine riesige Community geworden und darüber sind wir auch glücklich. Aber wir hätten das nie gedacht», sagt Rahmel. Und auch sein Kollege Range weiss keine eindeutige Antwort: «Warum so viele Leute? Das ist mir ein Rätsel».

Ursachen für die Popularität gibt es aber viele, sagt Rahmel: «Die einen wollen einfach dem Kommentator beim Plaudern zuhören, andere schätzen die Witze und lockeren Sprüche und wieder andere wollen sehen, wie der Spieler eine besonders knifflige Stelle im Spiel löst». Ein gut gemachtes «Let’s Play»-Video sei aber in jedem Fall unterhaltsam: Der Spass, den der Macher des Videos beim Spielen habe, übertrage sich auch auf den Zuschauer.

Informativ und unterhaltsam

Auch Christoph Klimmt sieht viele verschiedene Gründe für den Erfolg der Videos. Er ist Experte für Games und Professor für Kommunikationswissenschaften an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. Klimmt sieht vor allem zwei Gründe, warum «Let’s Play»-Videos so viel Erfolg haben: sie sind – wie viele andere Medieninhalte auch – einerseits informativ und gleichzeitig auch unterhaltsam. Unterhaltsam, weil die Urheber der Videos das Spielgeschehen oft humorvoll kommentieren und immer wieder Situationskomik entstehen lassen – in diesem Punkt sind sich der Wissenschaftler Klimmt und der «Let's Play»-Macher Rahmel einig.

Informativ sind «Let’s Play»-Videos für Gamer gleich in doppeltem Sinn: Zum einen vermitteln sie dem Zuschauer einen authentischen Eindruck des Spielerlebnisses. «Computerspiele sind ein Erfahrungsgut. Ich kann im Vorherein nicht abschätzen, wie viel Spass mir ein Spiel machen wird», sagt Klimmt. Die Videos können bei dieser Einschätzung helfen.

Von Profis lernen

«Let's Play»-Kanäle bei YouTube

Zum anderen können die Videos Spielern des gezeigten Games dabei helfen, sich zu verbessern: «Das kann man vergleichen mit jemandem, der im Breitensport Fussball spielt und sich eine Übertragung von Bayern gegen Arsenal anschaut». So wie der Fussballer von den Profis neue Tricks lernen kann, kann sich der Gamer bei «Let’s Play»-Videos neue Techniken und Strategien abschauen.

Beliebt dürften «Let’s Play»-Videos auch deshalb sein, weil sie eine stressfreie Herangehensweise an die Spielewelten erlauben: Games verlangen von Spielern durchgehend eine hohe Konzentration. Wer nur zuschaut, kann sich zurücklehnen und das Erlebnis in Ruhe geniessen – er kann in Ruhe die spektakuläre Grafik geniessen, ohne zu befürchten, dadurch unaufmerksam in einen Hinterhalt zu laufen. Ausserdem ermöglichen die Videos ein Eintauchen in die Spielewelt, ohne dass dafür ein teures Spiel gekauft wird oder man sich erst die dafür notwendigen Fertigkeiten aneignen muss.

Viele Gamer, viele Zuschauer

Und schliesslich gibt es vielleicht auch eine ganz simple Erklärung für die Beliebtheit dieser Videos: Es gibt sehr viele Menschen, die Games spielen und für die diese Videos deshalb interessant sind. «Das lässt sich auf eine einfache Formel bringen: Es gibt ein grosses Publikum für Spiele und dann werden auch Videos über Spiele von einem grossen Publikum angeschaut».

Doch auch wenn «Let's Play»-Videos sich mit anderen, zielgruppenspezifischen Medienangeboten vergleichen lassen: Die spezifische Kombination aus unterhaltsamen Kommentaren und der Möglichkeit, einem «Meister» beim Spielen zuzuschauen, machen die Videos zu einem einzigartigen Phänomen, sagt Klimmt.

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