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Neid durch soziale Medien Das polierte Glück der anderen macht uns krank und arm

In den sozialen Medien vergleichen wir uns dauernd mit anderen. Das führt zu Neid – und der macht uns krank. Und lässt uns auch noch weniger verdienen.

Die Quellen des Neids sind unerschöpflich. Facebook, Instagram, Snapchat und andere digitale Bühnen konfrontieren uns in wie nie zuvor mit dem Leben der anderen.

So viel Anreiz, sich mit anderen zu vergleichen. So viel Gelegenheit, neidisch zu werden. So viel Ansporn, den Erfolgreichen nachzueifern und besser, gesünder, schöner, reicher, beliebter zu werden.

Zum Glück – so eine beliebte These von Ökonomen. Neid treibe uns nämlich nicht nur um, sondern auch an. Was für Wirtschaftstheoretiker aufgeht, funktioniert in der Praxis jedoch nicht.

«Der Neid von heute macht uns morgen weder reicher noch glücklicher», sagt Redzo Mujcic, Verhaltensökonom an der Wirtschaftsuniversität Wien.

Ungesunde Neid-Kaskade

Mujcic hat die erste grosse Langzeitstudie zu Neid und dessen Folgen mitverfasst. 18’000 Australierinnen und Australier haben während knapp zehn Jahren Auskunft gegeben über ihr psychisches Wohlbefinden, ihre Lebenszufriedenheit, ihren wirtschaftlichen Erfolg und darüber, ob und wie stark sie Neid empfinden.

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Was Neid mit uns macht
aus Wissenschaftsmagazin vom 31.03.2018. Bild: Colourbox/ltummy
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 35 Sekunden.

Das Ergebnis der Studie: Neid ist kein Erfolgsmotor, sondern ein Bremsklotz. Je mehr Neid ein Mensch empfindet, desto schlechter sind in der Zukunft seine psychische Gesundheit und sein Einkommen.

Am Anfang der Neid-Kaskade steht der Vergleich. Menschen vergleichen sich von Natur aus gern und häufig mit anderen Menschen. Fällt das Resultat zu Ungunsten des Vergleichenden aus, dann fühlt sich das gar nicht gut an. Das Selbstwertgefühl fällt. Der Neid-Level steigt.

Das polierte Glück der andern schmälert das eigene

Soziale Plattformen, auf denen «schöner leben» zelebriert wird, wirken in dieser Hinsicht wie mächtige Neidgeneratoren. Allein schon die schiere Zahl an Vergleichsmöglichkeiten mit hunderten von Freunden kann unser Selbstbewusstsein strapazieren.

Das getrimmte Facebook-Glück verunsichert umso mehr, je weniger man jene kennt, die damit Eindruck machen. Das haben Studien gezeigt, weiss Sarah Diefenbach, Wirtschaftspsychologin und Expertin für digitale Medien an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Da gibt es keinen geteilten Alltag oder Face-to-Face-Begegnungen, die einen Reality-Check zuliessen. Ein Abgleich zwischen der polierten Online-Selbstdarstellung und der Unvollkommenheit des wahren Lebens ist unmöglich.

Je mehr Freunde, desto weniger Selbstvertrauen

Eine Untersuchung unter jungen Facebook-Usern in den USA zeigt denn auch eindrücklich: Je mehr Facebook-Freunde Jugendliche und junge Erwachsene haben, desto eher sind sie davon überzeugt, dass die anderen glücklicher sind und ein besseres Leben haben als sie selber.

Gerade junge Menschen sind besonders verletzlich. Sie sind nicht nur besonders aktiv in sozialen Medien unterwegs. Sie sind auch schnell bereit, andere zu bewundern – auf Kosten des eigenen Selbstwerts, sagt Wirtschaftspsychologin Sarah Diefenbach.

Alter schützt vor Neid

Mit dem Alter geht das zwar nicht vorbei, aber es wird zumindest besser. Das bestätigt Verhaltensökonom Redzo Mujcic: Je älter Menschen werden, desto weniger neidanfällig seien sie. Das ist eines der tröstlicheren Resultate seiner Langzeitstudie über Neid und dessen Folgen.

Doch was tun, wenn man noch jung ist und der unendliche Online-Spass der andern das eigene Glück noch viele weitere Jahre zu trüben droht? Dann ist es ratsam, auf den sozialen Plattformen nicht alt zu werden und die Besuche in der digitalen Welt des Schaulaufens möglichst kurz zu halten.

Denn auch dies zeigt die Forschung: Je öfter und länger User auf Facebook und anderen sozialen Plattformen verweilen, desto mieser und erfolgloser fühlen sie sich.

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