«Wieso wählten 13 Prozent die AfD?», fragten sich viele nach der Bundestagswahl. «Die Zeit» drehte die Frage um: Was ist eigentlich mit den 87 Prozent, die anderen Parteien die Stimme gaben?
Die Zeitung forderte die Nicht-AfD-Wähler auf Twitter auf, unter dem Hashtag #87Prozent ihre Wünsche für die Zukunft zu äussern. Der Hashtag verbreitete sich rasch: In den letzten 48 Stunden gehörte er in Deutschland zu den fünf meistbenutzen Twitter-Hashtags.
Die Mehrheit macht sich bemerkbar
Unter #87Prozent äusserten viele User ihre Anliegen, ihre Ängste und Wünsche.
Die Nutzer wollten so geschlossene Reihen gegen Fremdenfeindlichkeit und Hass signalisieren. Einer der erfolgreichsten Tweets richtet sich etwa gegen an den AfD-Spitzenkandidat und selbsternannten «Merkel-Jäger» Alexander Gauland:
13 vs. 87 Prozent? Für viele zu einfach
Auf Twitter ergab sich dadurch ein einfaches Bild von Deutschland nach den Wahlen: 87 Prozent zukunftsgerichtete wehren sich gegen 13 Prozent rückwärtsgewandte Wähler. Die «Anständigen» behaupten sich gegen die «Rückständigen». Die berechtigte Kritik an dem Hashtag und deren Nutzern liess nicht lang auf sich warten.
Mehr Selbstkritik, bitte!
Viele Twitter-User forderten von den #87Prozent mehr Selbstkritik. Unter einem Hashtag Einigkeit vorzugaukeln, fördere weder den Dialog, noch helfe es, sich mit den Gründen auseinanderzusetzten, weshalb die AfD so erfolgreich abschnitt. Man mache es sich damit bequem.
Ausserdem spiele man mit einem Hashtag wie #87Prozent der AfD in die Hände, kritisierten einige User. Er verstärke nur den Eindruck, die Gesellschaft sei in zwei politische Lager gespalten.
Die AfD hatte im Wahlkampf einen vermeintlichen Graben zwischen Establishment und einfachem Bürger betont und inszeniert.
Dementsprechend nutzte sie den Erfolg des Hashtags #87Prozent auch für sich. Als «antidemokratischen Mob» bezeichnete eine regionale Sektion der Partei die Twitter-Kampagne.
Spiegel des Wahlkampfs
In der Debatte um den Hashtag findet sich eine Kritik wieder, die bereits den Wahlkampf begleitet hatte: Dass die übrigen deutschen Parteien sich während des Wahlkampfs vor allem als Alternative zur AfD empfahlen, statt ihr Profil mit eigenen Ideen zu schärfen.
Diese Kritik äusserten viele in den sozialen Medien, besonders nach dem TV-Duell der Kanzler-Kandidaten Schulz und Merkel.
Einmischen gefordert
Konsequenterweise forderten einige User die #87Prozent-Community auf, sich nicht nur zu empören, sondern auch zu handeln: Der Rechtsrutsch soll nicht bloss online eine Welle der Empörung lostreten. Sondern auch ein Ansporn sein, um offline gegen Hass aktiv zu werden.