Man hört ihn von Weitem, und lange bevor man ihn zu sehen bekommt: Den Kleiber. Er hat mit seinem Ruf auch etwas zu verteidigen: ein Revier, das er ungern verlässt – denn es liegt in lichten Wäldern, Parks, Alleen und Gärten.
Schön hergerichtetes Zuhause
Zu einem guten Revier gehört in der Brutzeit ein schönes Zuhause. Aber warum immer neu bauen, wenn der Specht von nebenan schon eine schmucke Baumhöhle gebaut hat? Damit der vormalige Besitzer nicht wieder einziehen kann, reicht es, den Eingang mit etwas Lehm passgenau zuzukleistern. Das hält auch Marder, Stare und andere ungebetene Gäste ab.
Natürlich wird auch inwändig nachgebessert im neuen Zuhause: Spalten, Ritzen und Unebenheiten werden ebenfalls verputzt und das Ganze mit Holzstückchen, Rindenschuppen und Federn möbliert. Dafür wird die Immobilie dann auch mehrere Jahre hintereinander von Herrn und Frau Kleiber bewohnt.
Gut assortierte Vorratskammer
Häuslich wie er ist, legt der Kleiber auch gerne Vorräte an. Auf dem Speiseplan stehen in erster Linie Insekten wie Schmetterlingsraupen, Käfer, Wanzen und Blattläuse. Und Spinnen. Grössere Exemplare klemmt der Kleiber in eine Rindenspalte und meisselt mit seinem kräftigen Schnabel handliche Bissen ab. Abwechslung bieten Schnecken, Beeren, Bucheckern oder Haselnüsse.
Und eine Spezialität des Kleibers: Eibensamen, die für viele andere Tiere giftig sind. Der Kleiber jedoch macht sich an diesen Samen gütlich und legt davon auch Lager an, in Borkenritzen oder Felsspalten. Wenn er ein paar davon vergisst, trägt er so zur Verbreitung der Eibe bei. Und noch etwas gönnt sich der Kleber ab und zu: einen Schluck Saft aus verletzten Baumstämmen.
Akrobatische Kunststücke
Auf den Baustämmen kann der Kleiber auch seiner Paradedisziplin frönen: kopfüber und alleine Kraft seiner starken Füsse und Zehen dem Stamm entlang runterflitzen. Das kann weder der Specht noch der Baumläufer. Von oben kommt der Kleiber so auch an Nahrung, die hinter nach oben abstehender Rinde versteckt ist. Dort also, wo sonst kaum ein Vogel hinkommt, kommt der Kleiber hin, dank seiner Akrobatikkünste.
Grund zu Eitelkeit hätte der Kleiber durchaus auch wegen seines bunten Gefieders: die Oberseite blaugrau, die Unterseite je nach Unterart weiss bis ockerfarben oder rostrot gefärbt. Wangen und Kehle weiss, die Beine orange. Und: schwarze Augenstreifen. Dick aufgetragen. So ist der Kleiber eben.
Sendung: Radio SRF2 Kultur, Kultur-Aktualität, 20.4.2016, 8:20 Uhr.