Worum geht's?
Die von Spotify kuratierte Playlist «Piano in the Background» berieselt uns mit sanften Songs, unauffällig melancholisch und blumig wie eine Duftkerze. Man soll sie nicht bewusst wahrnehmen – oder sich gar fragen, wer für diese Klänge in die Tasten greift. Das schreibt ein Musikkritiker des «Guardian» .
Er gehört zu einer Reihe von Journalisten, die Spotify vorwerfen, seine Playlists mit Musik von Künstlern anzureichern, die es eigentlich nicht gibt. Das Branchen-Portal «Music Business Worldwide» hat eine Liste mit 50 dubiosen Musikern veröffentlicht, die in «Easy Listening»-Playlists von Spotify auftauchen.
Ihnen ist gemeinsam, dass sie – trotz hunderttausendfachen Klicks – keine Webseiten haben, keine Facebook-Profile oder Youtube-Videos. Dass man also ausserhalb von Spotify absolut gar nichts über sie findet.
Der Vorwurf: Hinter diesen Pseudonymen sollen Produzenten stecken, die im Auftrag von Spotify passgenaue Musik erzeugen.
Warum ist's interessant?
Spotify ist der Riese unter den Streamingdiensten. Kein anderer Musikdienst – geschweige denn herkömmliche CD-Verkäufe – können ihm das Wasser reichen. Für die Musik zahlt Spotify Lizenzen an Plattenlabels wie Sony und Warner.
Würde Spotify seine Listen mit seinen sogenannten «Fake Artists» anreichern, könnte er sich für diese die Lizenzen sparen. Allein für 50 Musiker wären das umgerechnet über drei Millionen Franken.
Andererseits hätten Spotify auch ein Druckmittel gegen Plattenfirmen in der Hand: Wenn ihr uns die Musik nicht günstiger gebt, dann weichen wir auf unsere eigene aus.
Nicht nur für Labels und Musikfans, auch für viele Musiker wäre das ein Affront. In einer beliebten Playlist von Spotify zu landen – das sehen viele als den entscheidenen Schritt für ihre Musikkarriere.
Spotify selbst weist die Vorwürfe zurück . Allerdings hat die Firma vor Kurzem auch einen neuen Mitarbeiter eingestellt, der mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz Popsongs entwickelt.
In Zukunft könnte ein Teil der Musik bei Spotify also nicht mehr nur von falschen Musikern gemacht werden – sondern vielleicht sogar komplett ohne menschliches Zutun.