Ein Kohlekraftwerk stösst viel CO2 aus. Muss sein Betreiber eine genügend hohe Steuer auf das CO2 bezahlen, wird sein Strom so teuer, dass ihn niemand mehr kauft. In der EU ist das tatsächlich passiert: Mit Gas produzierter Strom war plötzlich billiger als Kohlestrom.
So sinken zwar die CO2-Emissionen. Aber auch Strom aus Gas verursacht grosse Mengen an klimaschädlichem CO2. Um CO2-freien Strom zu produzieren, braucht es als Ersatz viel Sonne- und Windkraft.
Aber das allein reicht nicht. Denn dieser Strom fällt nur an, wenn die Sonne scheint oder wenn es windet. Es braucht also zusätzlich ein verändertes Stromnetz – mit neuen Hochspannungsleitungen und teuren Speichern, die den Strom für wind- und sonnenarme Zeiten speichern.
CO2-Steuern allein reichen nicht
«Diese strukturellen Faktoren stehen neuen Investitionen in erneuerbare Energiequellen im Weg. Auch mit CO2-Steuern. Diese reichen nicht», sagt Anthony Patt vom Institut für Umweltentscheidungen an der ETH Zürich.
Patts Fazit: Eine CO2-Steuer senkt den Ausstoss, ist aber zu langsam und ungenügend. Erst recht, wenn wir ganz CO2-frei werden wollten, wie es viele Länder für das Jahr 2050 beschlossen haben.
Wenn man in einem Restaurant wolle, das niemand rauche, so Patt, hänge man ein «No Smoking»-Schild an die Wand. «Letztlich brauchen wir Vorschriften, die zum Beispiel sagen: Man darf kein Benzin- oder Diesel-Auto mehr fahren.»
Branchen stehen kurz vor dem Umbruch
Anders sieht das Lucas Bretschger vom Departement Management, Technologie und Ökonomie, ebenfalls von der ETH Zürich. Die CO2-Steuer wirke wie bei normalen Gütern, also nach dem Gesetz der Nachfrage, sagt er.
Je teurer etwas ist, umso weniger wird konsumiert oder produziert. Das zeigten die Beispiele von Schweden und Grossbritannien, wo die CO2-Emissionen deswegen deutlich gesunken seien.
«Jetzt wird eine technologische Entwicklung angeschoben, die sich selbst verstärkt. Wir werden eine Umstellung sehen der gesamten Verkehrssysteme, bei den Heizungssystemen und auch in der Industrie», so Lukas Bretschger.
Er glaubt, dass viele Branchen kurz vor einem Umbruch stehen und ihr CO2-Ausstoss drastisch abnehmen wird. Die fossil betriebene Mobilität zum Beispiel werde relativ bald ersetzt werden.
Subventionen oder Steuern?
Allerdings ist der Aufstieg der Elektroautos wohl nicht der CO2-Abgabe auf Benzin und Diesel allein zu verdanken. Vorreiter Norwegen hat den Wechsel mit vielen Massnahmen gefördert. Elektroautos wurden von verschiedenen Steuern befreit – also subventioniert. Und sie dürfen Busspuren nutzen und billiger parken.
Es gibt weitere Anzeichen dafür, dass CO2-Steuern allein nicht reichen. Beim Positivbeispiel Grossbritannien musste die Regierung die stete Zunahme der CO2-Steuer stoppen, als die Bevölkerung gegen zu hohe Preise rebellierte. Ähnliches passierte in Frankreich bei der Gelbwestenbewegung.
Angesichts dieser Schwierigkeiten gibt Umweltökonom Bretschger zu, dass es neben CO2-Steuern auch andere Massnahmen brauche. Man könne etwa neuen Technologien mit Subventionen Anschubhilfe leisten. Aber diese müsste rechtzeitig wieder beendet werden.
Deutschland hat zum Beispiel den Solarstrom jahrelang stark gefördert. Kritische Stimmen sagen, die Subventionen seien zu lange zu hoch gewesen – Subventionen, die die Stromkonsumenten bezahlen müssen. Das treffe die ärmere Bevölkerung besonders.
Heizungen und Flugverkehr sollen klimafreundlicher werden
Es braucht also einen Mix an Massnahmen. Aber wie dieser Mix aussehen muss, ist offensichtlich schwierig zu steuern. Auch das revidierte CO2-Gesetz, über das wir Mitte Juni abstimmen, setzt auf verschiedene Massnahmen. So dürfen spätestens ab 2026 keine Neubauten mehr mit fossilen Heizungen ausgestattet werden.
Beim Flugverkehr setzt das Gesetz auf Abgaben auf Tickets: eine CO2-Steuer, die Flüge reduzieren soll. Ein Teil der Einnahmen wird an die Bevölkerung zurückbezahlt. Ein Teil fliesst in die Forschung, die Technologien für einen klimafreundlicheren Flugverkehr entwickeln soll - zum Beispiel mit CO2-neutralen Treibstoffen.
Die Privatwirtschaft soll es richten
Eine Subvention, die Lukas Bretschger skeptisch sieht: «Wenn man eine Technologie fördert, die sich am Schluss überhaupt nicht durchgesetzt, ist der Beitrag minimal. Das ist Steuergeld. Jemand muss das bezahlen. Man hat schon viel geforscht und dann am Schluss nichts herausbekommen.»
Es sei auch Aufgabe der Privatwirtschaft, Lösungen für CO2-freies Fliegen zu finden. Schliesslich winkten erfolgreichen Unternehmen satte Gewinne.
Deshalb favorisiert Bretschger eine höhere Ticketabgabe, die grossteils wieder an die Bevölkerung zurückfliessen soll. Das senke die Nachfrage nach Flügen, was im Moment das Wichtigste sei. In der Zwischenzeit könne die Flugbranche die nötigen Technologien entwickeln. Das sind allerdings sehr hohe Hürden - zumal sie bis spätestens 2050 übersprungen sein müssen.
Es kann schnell gehen
Doch Lukas Bretschger ist optimistisch:
«Jetzt denken wir, es ist wahnsinnig schwierig. Aber mit diesem Ansatz kommen wir halt in diesen Dingen nicht weiter. Wenn eine Technologie bereit ist, wird sie angenommen und dann geht es relativ schnell.»
Bretschger erinnert an die Smartphones. Vor 20, 30 Jahren hätte kaum jemand geglaubt, dass diese telefonierenden Mini-Computer derart einschlagen und nützlich sein würden.
Das Beispiel stimmt positiv. Um das Klima zu retten, wird es aber wohl viele solche Durchbrüche brauchen.