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Covid-19 Impfung Wie sinnvoll wäre eine Corona-Impfung bei Kindern?

Im Gegensatz zu Erwachsenen erkranken Kinder oft kaum an Covid-19 und geben das Virus vermutlich auch weniger oft weiter. Soll man Kinder, falls Impfstoffe für sie zugelassen werden, trotzdem gegen Corona impfen?

Heute gibt es für Kinder noch keine zugelassene Corona-Impfung. Ausnahmen, sogenannte «Off-Label-Uses», gibt es allenfalls für junge Risikopatienten. Um die Impfung für alle Kinder anbieten zu können, starten jetzt Studien von mehreren Impfstoffherstellern.

Wie sinnvoll wäre Impfzulassung für Kinder?

Spezielle Kinderstudien zu machen, um eine Zulassung auch für diese Altersgruppe zu bekommen, sei heute gesetzliche Pflicht, sagt Christoph Aebi, Chefarzt an der Universitätsklinik für Kinderheilkunde am Berner Inselspital:

«Grundsätzlich ist es ein Recht von Kindern, dass Arzneien, die einen Nutzen haben können, korrekt erprobt werden.»

Doch das Erproben, sei nur der erste Schritt. «Das andere ist, dass wir noch zu wenig wissen, ob und in welchen Situationen die Impfung für Kinder sinnvoll ist», erklärt Christoph Aebi. Er ist auch Mitglied der Eidgenössischen Kommission für Impffragen, der EKIF , die jeweils Empfehlungen herausgibt, wie Impfstoffe eingesetzt werden sollen.

Kinder reagieren anders

Ob Corona-Impfstoffe aber dereinst auch für Kinder empfohlen werden, ist heute noch nicht sicher. Denn bei Kindern funktioniert einiges ein bisschen anders – gerade auch beim Immunsystem.

«Es ist nicht untypisch, dass Kinder auf bestimmte Viren milder reagieren als Erwachsene. Beispiele sind die klassischen Kinderkrankheiten wie Masern oder Windpocken, die Kinder sehr viel besser tolerieren als Erwachsene. Das ist ein Phänomen, das wir gut kennen», erklärt Christoph Aebi.

Komplikationen sind möglich, aber selten

Auch bei Covid-19 haben Ärztinnen und Ärzte dies beobachtet: Die meisten Kinder erkranken nur leicht an Corona. «Die Kinder, die Symptome haben von einer akuten Infektion, haben Fieber oder unspezifische Symptome wie Durchfall, Bauchweh oder Müdigkeit», sagt Julia Bielicki, Leitende Ärztin in der Pädiatrie am Universitätskinderspital beider Basel.

Trotzdem: Genau wie bei der normalen Grippe sind auch bei Covid-19 Komplikationen bei Kindern möglich. Bekannt ist heute das Entzündungssyndrom PIMS, ein Krankheitsbild mit starken Entzündungen in mehreren Organsystemen. Doch solche schwerwiegende Verläufe oder sogar Todesfälle seien extrem selten, sagt Julia Bielicki. In aller Regel würden sich Kinder sehr gut von der Erkrankung erholen.

Kinder impfen oder nicht?

Das Risiko, dass Kinder schwer an Corona erkranken, ist also gering. Das hat auch Auswirkungen auf eine mögliche Impfung: Da die Erkrankung zwar unangenehm, aber nicht so gefährlich sei, wie für Erwachsene, gäbe es für Kinder keinen Zugzwang zu einer Impfempfehlung.

Neben dem individuellen Schutz vor Corona, gilt es aber auch zu verhindern, dass Kinder sich gegenseitig und auch Erwachsene anstecken, erklärt Julia Bielicki.
Ob und wie gut eine Impfung die Übertragung verhindern kann, und eine sogenannte «sterile Immunität» macht, ist heute aber noch nicht klar.

Das beschäftigt auch Christoph Aebi vom Berner Inselspital: «Wir wissen noch nicht, ob wir auf Populationsebene eine Herdenimmunität erreichen, wenn wir nur Erwachsene impfen – 20 Prozent der Schweizer Bevölkerung sind Kinder unter 16 Jahren», erklärt er.

Zusätzliche Forschungsdaten nötig

Individueller Schutz und Schutz der Gesellschaft, das sind Überlegungen, die Christoph Aebi dann auch mit seinen Kollegen in der Eidgenössischen Kommission für Impffragen EKIF diskutieren wird.

«Ob und in welchen Situationen eine Impfung empfehlenswert ist, ist ein Prozess, der noch Monate oder Jahre dauern wird. Wir brauchen zusätzliche Forschungsdaten, um einzuschätzen, ob es notwendig ist oder nicht», räumt er ein.

Jetzt wo die Impfstoffstudien mit Kindern losgehen, fängt diese Diskussion also gerade erst an.

Radio SRF 1 News, Echo der Zeit, 16.02.2021, 18 Uhr

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