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Mensch und Roboter: eine zwiespältige Beziehung

Weshalb empfinden wir Gefühle für Maschinen, obwohl wir wissen, dass sie technikgesteuert sind? Dazu forscht Martina Mara an der Universität Linz. Als «Roboterpsychologin» analysiert sie, weshalb wir Staubsauger-Robotern Namen geben – vor anderen Robotern aber Angst haben.

«Man könnte glauben, dass die Roboter bei mir auf der Couch liegen», sagt Martina Mara. Doch bei der Roboterpsychologin kommen keine Blechfiguren zur Therapiesitzung. Die österreichische Forscherin interessiert sich vielmehr für die Frage, warum Menschen manche Roboter im Alltag akzeptieren – von anderen jedoch Angst haben.

Emotionale Bindung zu Staubsaugern

Denn obwohl Roboter bloss Maschinen sind, lösen sie in uns Gefühle aus. Einerseits, weil uns künstliche Intelligenz seit jeher beschäftigt: «Die Frage, ob wir selbst lebendige Kreaturen schaffen können, ist ein ganz archaisches Thema», sagt die Forscherin. Ob frühe Mythen, die Literatur der Romantik oder gegenwärtige Science-Fiction – das Thema zieht sich durch unsere Kulturgeschichte.

Andererseits nehmen wir Roboter sehr rasch als Sozialpartner wahr. Der Grund: Das vermeintlich selbstständige Handeln verleiht den Maschinen etwas «Kreaturenhaftes». Das führt zuweilen soweit, dass wir selbst mit Staubsauger-Robotern so etwas wie eine emotionale Beziehung aufbauen, meint Mara. «In vielen Familien hat dieser sogar einen Namen.»

Allzu menschliche Roboter wirken unheimlich

Zwei gleich aussehende Männer umarmen sich, wobei der ein Mensch, der andere ein Roboter ist.
Legende: Unheimlich: Der Forscher Hiroshi Ishiguro (rechts) mit seinem künstlichen Doppelgänger. Keystone

Das Staubsauger-Beispiel zeigt, was die Forschung bereits seit dem Tamagotchi-Boom der 1990er Jahren weiss: Grosse Kulleraugen oder bewegliche Arme sind nicht unbedingt nötig für eine emotionale Bindung. Mehr noch: «Aus psychologischer Perspektive kann eine zu starke Menschenähnlichkeit sogar kontraproduktiv sein», sagt Martina Mara. «Der Roboter wird uns unheimlich und wirkt gruselig.»

Dies trifft vor allem auf Androide zu – Roboter, die auf den ersten Blick kaum von Menschen zu unterscheiden sind. Hier ist der Mensch mit einer Kategorisierungsschwierigkeit konfrontiert. Zwar ist alles da – Kopf, Augen, Haut – und dennoch bestehen winzige technische Fehler: Etwa einen Wimpernschlag, der zu spät kommt und dadurch nicht natürlich wirkt.

«Weil wir dieses Wesen zwischen Mensch und Maschine nicht sofort einordnen können, löst dies Unsicherheit aus – und macht die Maschine zu etwas Unheimlichen», erklärt die Forscherin die Reaktion. Bekannt ist dieses Paradox der menschlichen Gefühlswelt auch unter dem Begriff «Uncanny Valley», das «unheimliche Tal».

Roboter wecken den Beschützerinstinkt

Um solche Ängste zu vermeiden, werden Roboter oft bewusst als «Blechmänner» konzipiert. Gerade asiatische Länder tüfteln derzeit an solchen Pflege- und Servicerobotern. Bekanntestes Beispiel dafür ist Hondas «Asimo»: Es ist eine Astronauten-ähnliche Figur in Kindergrösse, die als Haushaltshilfe zum Einsatz kommen soll – menschliche Akzeptanz ist somit zwingend.

«Um Gefühle anzusprechen, haben die Designer bewusst mit dem ‹Kindchen-Schema› gespielt», sagt Martina Mara. Kopf und Augen seien überproportional gross – dies löse in uns automatisch einen Beschützerinstinkt aus. Dass der «Asimo» auch Gesichter erkennen, Tanzen und Trompete spielen kann, trägt das Übrige zur emotionalen Bindung bei.

Roboter-Einsätze bei Demenzkranken

Eine japanische alte Frau hält ein Robbenstofftier in den Armen und lächelt.
Legende: Kuscheltier mit Hightech-Innenleben: «Paro» im Einsatz. Reuters

Andere Robotertypen haben mit diesen «Blechmännern» überhaupt nichts zu tun: «Paro» zum Beispiel, ein japanischer Kuschelroboter in der Gestalt eines Robbenbabys. Er reagiert auf Streicheln und auf Sprache und wird derzeit in der Therapie für Demenzkranke eingesetzt. «Patienten sind in der Lage, zu diesem Wesen sehr schnell eine emotionale Beziehung aufzubauen – und das Pflegepersonal wiederum kann mit ‹Paro› eine Kommunikationsbrücke zu Patienten schlagen.»

Bei solchen Roboter-Einsätzen ist die ethische Diskussion nicht weit. «Dürfen wir demente Menschen auf diese Weise ‹betrügen›?», fragt sich auch Martina Mara. Eindeutige Antworten gebe es noch keine. «Es braucht eine internationale Diskussionsbasis, um solche Fragen beantworten zu können – gerade auch, weil sich die Technik so rasch entwickelt.»

Die Forscherin selbst könnte sich durchaus vorstellen, im Alter von Robotern gepflegt zu werden – gerade bei mechanischen Arbeiten. «Aber ich bräuchte dazu auch Menschen, die für den empathischen Teil zuständig wären.»

«Es soll immer einen Ausschalt-Knopf geben»

Und noch etwas ist für Martina Mara wichtig, wenn Roboter immer intelligenter und sogar darauf programmiert werden, durch Beobachtung von menschlichem Verhalten lernen können: «Es soll immer einen Ausschalt-Knopf geben, mit dem wir Roboter in einen Sleep-Modus befördern können. Diese letzte Entscheidungsmacht sollte immer uns Menschen vorbehalten sein.»

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