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Die Sondermülldeponie im Teuftal
Aus Einstein vom 18.04.2019.
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Sondermülldeponie Teuftal Die letzte Sondermülldeponie der Schweiz

In einem Betonsarkophag im Teuftal liegt Giftmüll der Basler Chemie begraben. Doch irgendwann bröckelt auch Beton. Wieso machen wir den Sondermüll nicht unschädlich?

Teuftal ist die letzte Giftmülldeponie der Schweiz. Dem öffentlichen Bewusstsein ist sie entfallen. Zwölf Kilometer westlich von Bern – zwischen den Gemeinden Frauenkappelen und Mühleberg – liegt das Teuftal. Dort sollen 25'000 Tonnen Sondermüll bis auf alle Ewigkeit lagern.

Schattenseite der Chemie

Der Altlastenexperte Martin Forter gewährte SRF Einblick in ein bislang unter Verschluss gehaltenes Verzeichnis der eingelagerten Stoffe. Die Pressestelle von Syngenta bestätigte die Authentizität der Liste und stellte SRF ebenfalls eine Kopie zu Verfügung.

Verzeichnis der eingelagerten Stoffe

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  • Die Spalte «T-Nr» beinhaltet eine Nummer für jede Lieferung, die in Teuftal eingelagert wurde. In der Liste nicht vorhandene Nummern (z.B. «3») wurden an zurückgewiesene und nicht eingelagerte Lieferungen vergeben.
  • Die Spalten «Gruppen» und «Stoffe» charakterisieren die Bestandteile der jeweiligen Lieferungen.
  • Die Spalte «t (Total)» bezeichnet das Gewicht der Lieferung, und «t min» und «t max» der minimale und maximale Anteil in Tonnen der in der Zeile genannten Stoffgruppe. «% min» und «% max» sind dementsprechend die geschätzten Anteile in Prozent.
  • Verzeichnis der eingelagerten Stoffe

Auf der Liste sind viele unangenehme Zeugen unseres technologischen Fortschritts: Heute verbotene Herbizide, Abfälle aus der Herstellung des Desinfektionsmittels Triclosan, Lösemittel. Hochtoxische Stoffe, vermutlich auch Dioxine.

Forter ist überzeugt, dass der Betonmantel von Teuftal irgendeinmal bröckeln wird. Die Chemikalien würden dann die Umwelt und das Grundwasser verschmutzen, vermutet er.

Viele Fässer.
Legende: Sondermüll der Chemischen Industrie Basel wird in den 1970er-Jahren in Teuftal eingelagert. Schweizerisches Sozialarchiv

Sondermüll: ein Drama in mehreren Akten

Bis auf Teuftal sind alle Versuche, Chemiemüll in der Schweiz zu lagern, gescheitert. Die Sondermülldeponien Bonfol und Kölliken zeigen das eindrücklich. Damals wurde in Fässern gefährlicher Abfall in die alten Tongruben gekippt.

Die dicken Tonschichten hätten das giftige Sickerwasser von der Umwelt fernhalten sollen. Eine teure Fehleinschätzung: Aufgrund der drohenden Grundwasserverschmutzung musste der Sondermüll ausgegraben werden – für total 1.4 Milliarden Franken.

Auch die Sondermülldeponie Teuftal wurde 1997 wegen strengerer Umweltgesetze geschlossen und versiegelt.

Arbeiter betonieren Fässer in der Sondermülldeponie Teuftal ein.
Legende: Arbeiter betonieren Fässer in der Sondermülldeponie Teuftal ein. Schweizerisches Sozialarchiv

Auf immer und ewig?

Aktuell gilt die Sondermülldeponie Teuftal als sicher. Doch wird der Beton den Jahrhunderten standhalten? Eine Überwachung des Betons und des Sickerwassers in der Deponie ist zwingend, und zwar auf unbestimmte Zeit. Denn das darin eingeschlossene Gift wird nicht verschwinden.

Für Geologe und Altlastenexperte Marcos Buser ist Einlagerung von Sondermüll generell keine Lösung.«Ich glaube es ist unsere Aufgabe, dass wir unsere Abfälle (...) heraufholen, behandeln, und umwandeln in ein Produkt, welches nicht schädlich ist.»

Michel Monteil, Leiter Abteilung Abfall und Rohstoffe im BAFU, kontert: Eine Ausgrabung und Vernichtung des Teuftaler Sondermülls wäre unverhältnismässig teuer. Das dazu benötigte Geld wäre bei anderen, dringenderen Umweltproblemen besser investiert.

Vielleicht ist man in 50 Jahren schlauer

Sicher ist: Unsere Nachfahren erben den Sondermüll. Ob und wie lange sie diesen überwachen müssen, und ob er für sie zu einer Gefahr wird, ist heute unklar.

Monteil sagt dazu: «Man hat in den letzten 30 Jahren laufend die Anforderungen angezogen. Man hat immer verschärft und ist immer schlauer geworden. Aber da müssen wir uns auch im Klaren sein: Vielleicht ist man in 50 Jahren noch schlauer, und muss vielleicht die Sünden, die wir heute begehen, korrigieren.»

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