Worum geht’s?
«Die Welt versinkt in Bullshit», schreiben zwei Dozenten der Universität Washington auf ihrer Website callingbullshit.org . Carl Bergstrom und Jevin West meinen damit falsche Informationen und Aussagen, die seriöse Datenanalyse und wissenschaftliche Erkenntnisse vorgaukeln.
Bullshit definieren sie wie folgt: «Bullshit bezeichnet Sprache, Statistiken, Grafiken und andere Präsentationsformen, die beabsichtigen Leser oder Hörer zu beeindrucken – und dabei die Wahrheit und logische Zusammenhänge unverhohlen ignorieren.»
Bergstrom und West haben die Nase voll von all dem «Bullshit», der uns im Informationszeitalter täglich begegnet: Diesen fände man nicht nur in Politik, Werbung oder in «Fake News». Auch an Universitäten oder in der Start-Up-Szene übertöne «Bullshit» seriöse Arbeiten.
Statt sich weiter zu beklagen, wollen sie das Problem konstruktiv angehen. Sie entwickelten für ihre Studenten den Kurs «Calling Bullshit in the Age of Big Data». Der Kurs ist nicht exklusiv für Studenten. Die Vorlesungen sind auf YouTube für alle zugänglich.
Darum ist’s interessant
«Calling Bullshit» hilft in der Informationsflut des Big-Data-Zeitalters, Fehler und Lügen zu erkennen. Und noch wichtiger: diese zu benennen.
Der Begriff Bullshit mutet absichtlich unakademisch an. Für Bergstrom und Wels ist es ein Sammelbegriff ohne Wertung, ob hinter der falschen Information böse Absicht steckt. Der Kurstitel weckt Interesse und veranschaulicht, dass die Professoren wirklich genervt sind.
In zwölf Vorlesungen analysieren sie typische Fehlschlüsse, Statistikfallen oder irreführende Visualisierungen. Die Videos dazu sind kurz (jeweils fünf bis zehn Minuten) und niederschwellig – abgesehen von einzelnen Stellen, wo zum Beispiel Statistikkenntnisse vorausgesetzt werden.
Man lernt darauf zu achten, woher Informationen kommen und mögliche Interessen des Absenders zu hinterfragen. Vorsicht ist vor allem geboten, wenn etwas zu gut tönt, um wahr zu sein – wenn zu gut in das eigene Weltbild passt.
Vier Regeln geben sie am Ende ihres Kurses mit auf den Weg: Man solle sich erstens genau informieren und Fakten gründlich prüfen. Zweitens solle man grosszügig sein und zwischen menschlichem Fehler und böswilliger Lüge unterscheiden.
Drittens solle man umstrittene Aussagen sorgfältig analysieren und klar argumentieren. Zu guter Letzt: Man solle eigene Fehler eingestehen. Denn: «Wir machen alle Fehler.»