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Meteo-Stories Sonntagsstory: Von Hexen, Schlangen und Geissentötern

Alles andere als gruselig: Lesen Sie mehr über die spannendsten, lokalen Windphänomene der Schweiz.

Schanfiggerhexe

Von Chur führt ein idyllisches Tal hinauf nach Arosa: das Schanfigg. Wird die Alpennordseite mit Nebel und Hochnebel geflutet, kann diese Bewölkung unter gewissen Umständen bis weit in die Alpentäler vorstossen. So zieht der Nebel als Churer Express das Rheintal hinauf. Steigt er bis ins 1800 m ü. M. hoch gelegene Arosa, spricht man von der Schanfiggerhexe.

Challigroosi

Im Hintergrund Schneeberge, im Vordergrund ein Dorf auf grünen Wiesen.
Legende: Grindelwald BE: Blick von Norden nach Süden. Der Guggiföhn käme von rechts, vom Eiger her. Danny Wey

Die Topographie der Täler spielt für den Föhn eine wichtige Rolle. Das Gelände kann den Föhnwind kanalisieren und ablenken. Entscheidend ist auch die Höhenströmung: Sie steht nicht immer genau auf Süd, sondern kann von Südwest bis Südost schwanken. Je nach Höhenströmung, Jahreszeit und Region zeigt der Föhn also ganz verschiedene Facetten. Beispielsweise in Grindelwald: Hier tobt der Föhn als Challigroosi. Der Challigroosi ist ein Riese aus der Grindelwaldner Sagenwelt. Er wohnt im Challi, einem Felsloch beim unteren Grindelwaldgletscher. Obwohl er ein knorriger alter Grossvater ist, sind seine Böen gefürchtet.

Guggiföhn

Wenn die Höhenströmung eher eine südöstliche Komponente hat, kommt es in der Jungfrauregion zu einem weiteren Phänomen, dem Guggiföhn. Er bläst vom Jungfraujoch zum Lauberhorn und hat den Organisatoren der berühmten Lauberhornrennen in Wengen schon öfter stürmische Herausforderungen beschert. Er kann sogar weiter am Eiger vorbei bis nach Grindelwald drängen. Der Guggiföhn bläst in Grindelwald von Südwesten her, aus genau der entgegengesetzten Richtung wie der Challigroosi. Spannend ist, dass beide Föhneffekte nie zusammen auftreten.

Horbächler

Einen besonderen Föhneffekt gibt es auch in Cham im Kanton Zug. Hier mischt der Horbächler den Zugersee auf. Dieser Föhnsturm ist selten und stellt sich nur bei ausgeprägten Föhnlagen ein. Von Cham aus scheint es, als ob der Wind vom Weiler Horbach auf der gegenüberliegenden Seeseite die Zugerbergkette hinunterstürzt. Dann bläst der Föhn vom Zugersee her in die Bucht von Cham und löst hohen Wellengang aus.

Und noch mehr Föhn

Ufer mit Bäumen links. Rechts der See. Allerdings ist das Ufer vor lauter Schwemmholz kaum zu erkennen. Eigentlich wäre eine schöne Promenade da.
Legende: In Brunnen SZ türmt der Älteste Urner sein Schwemmholz auf, Föhnsturm im Mai 2015. Bernd Pfeiffer

Bekannte Föhnnamen sind beispielsweise der älteste Urner oder der älteste Bündner, je nach Region. In der Ostschweiz wird teils auch vom Pföä gesprochen, am Bodensee vom Appenzeller- oder Rheintalföhn. Dann gibt es noch den Gätterliföhn am Lauerzersee im Kanton Schwyz. Im Glarnerland kennt man den Bürdeliföhn. Der Bürdeliföhn ist so kräftig, dass er die als Bürdeli gebündelten Äste wegbläst.

„Falscher“ Föhn

Der Pilatusföhn hat nichts mit klassischen Föhnlagen mit Südwind zu tun: Er bläst bei kräftigem Westwind vom Pilatus Richtung Luzern.

Ebenso der Rickenföhn, ein Effekt bei Bise. Bei Bisenlagen staut sich der Hochnebel im Toggenburg hinter dem Rickenpass. Vom Ricken bläst der Wind hinunter in Richtung Rapperswil-Jona. Dabei löst sich der Hochnebel oft auf.

Grimselschlange

Alpental mit kargem Fels. Von der Talflanke rechts stürzen Wolken ins Tal herunter. Sonst ist der Himmel blau und wolkenlos.
Legende: Blick vom Furkapass her auf die Grimselschlange, die von der Grimsel her ins Obergoms VS drängt. Oktober 2016, David Briker

Auch sie ist ein Phänomen bei Bisenlage mit Hochnebel. Manchmal ist die Nebelobergrenze so hoch, dass die graue Suppe bis ins Haslital gedrückt wird. Dann stösst sie über den Grimselpass als Grimselschlange oder Grimsler bis ins Wallis vor. Durch die Absinkbewegung ins Obergoms löst sich der Hochnebel dann wieder auf.

Malojaschlange

Bekannt für Schlangen ist auch das Engadin: Hier schlängeln sich die Nebelschwaden vom Bergell über den Malojapass ins Oberengadin. Dazu braucht es eine südliche Strömung, also Wolkenstau am Alpensüdhang.

Laseier

Links Eisenbahnschiene, rechts liegt ein roter Eisenbahnwagen quer zur Schiene, ein zweiter sogar auf der benachbarten Strasse einige Meter vom Gleis entfernt.
Legende: Vom Laseier entgleiste Eisenbahnwagen vom 19. Januar 2007. Keystone - Kantonspolizei AI

Er bläst nur ganz selten, dafür umso stärker. So stark, dass er schon ganze Zugwagen aus den Schienen gehoben hat. Der Laseier ist ein sehr kleinräumiges Phänomen. Nur bei ganz speziellen Nordwestlagen tobt er bei Wasserauen im Appenzellerland. Er ist ein Rotor, der über 200 km/h erreichen kann. Während der Wind auf den Bergen also aus Nordwesten kommt, bläst der Laseier vom Laseierwald her in entgegengesetzter Richtung ins Schwendetal.

Joran, Tubelöchler und Hasenmätteler

Der Fallwind vom Jura her ist am Jurasüdfuss als Joran bekannt, kurz und heftig im Charakter. Es gibt einerseits den dynamischen Joran bei einer Kaltfront aus Nordwesten. Andererseits den thermischen Joran, der jeweils an sonnigen Tagen gegen Abend als Bergwind die Jurakreten herunterweht. In Biel bläst der Joran aus der Taubenlochschlucht, wird entsprechend Tubelöchler genannt. In Solothurn kennt man den Hasemätteler.

Geissentöter

Grünes Alpental im Sommer. Der Himmel ist blau und die Sonne scheint.
Legende: Zumindest im Sommer ein Paradies für Geissen: das Urserental UR am Gotthardpass. Juli 2016. Marianne Meyer

Ein dramatischer Name für den Nordwind, der durch die Schöllenenschlucht bis ins Urserental bläst. Wahrscheinlich bezieht sich die Anspielung auf den Tod auf die Kälte: Der Geissentöter bläst bei entsprechend eisigkalten Bisen- und Nordwindlagen.

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