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Belarus Protassewitsch ist begnadigt worden – als «gebrochener Mann»

  • Der frühere Regierungskritiker Roman Protassewisch ist eigenen Angaben zufolge in Belarus begnadigt worden.
  • Dies, nachdem er vor zwei Jahren von den belarussischen Behörden spektakulär festgenommen und vor wenigen Wochen zu acht Jahren Haft verurteilt worden war.
  • Protassewitsch distanzierte sich in der Vergangenheit mehrfach vor dem Staatsfernsehen von seiner oppositionellen Tätigkeit.
  • Angehörige gehen davon aus, dass er seine regierungsfreundlichen Aussagen in Haft unter Druck und Folter machte.

«Vor allem bin ich dem Land und dem Präsidenten persönlich unglaublich dankbar für diese Entscheidung», sagte Protassewitsch gegenüber belarussischen Medien in der Hauptstadt Minsk.

Er sagte zudem, er habe noch keine Pläne, werde aber wahrscheinlich «für ein paar Tage an einen ruhigen Ort auf dem Land gehen, um zu verschnaufen und nach vorne zu blicken», so Protassewitsch.

Spektakuläre Festnahme

Die spektakuläre Festnahme Protassewitschs hatte im Mai 2021 weit über die Grenzen der Ex-Sowjetrepublik hinaus für Aufsehen gesorgt. Gemeinsam mit seiner damaligen Freundin Sofia Sapega war er nach den Ferien auf einem Flug von Athen nach Vilnius, Litauens Hauptstadt – wo er im Exil lebte. Daraufhin wurde über belarussischem Luftraum die Ryanair-Maschine von den belarussischen Behörden wegen einer angeblichen Bombendrohung zu einer Landung in Minsk gezwungen.

Protassewitsch in Nahaufnahme
Legende: 10. April 2017: Roman Protassewitsch bei einer Gerichtsverhandlung in Minsk. REUTERS/Stringer

Anschliessend wurden beide inhaftiert. Die russische Staatsbürgerin Sapega wurde später zu sechs Jahren Haft verurteilt – und inzwischen nach Russland überstellt.

Vorwurf des Staatsstreichs

Protassewitsch wurde Anfang Mai zu acht Jahren Haft verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte dem ehemaligen Chefredakteur des oppositionellen Telegram-Kanals Nexta einen versuchten Staatsstreich vorgeworfen.

Nexta rief nach der Präsidentenwahl 2020 zu Protesten gegen den autoritär regierenden Machthaber Alexander Lukaschenko auf, der sich erneut zum Sieger erklären liess. International wurde die Abstimmung nicht anerkannt. Lukaschenko liess die Proteste brutal niederschlagen, gilt seither aber als noch abhängiger von Moskau.

Protassewitsch galt als politischer Gefangener. Angehörige gehen davon aus, dass er seine regierungsfreundlichen Aussagen in Haft unter Druck und Folter machte. Hunderte Lukaschenko-Gegner sind weiter im Gefängnis. Viele haben ein Arrangement mit dem Machtapparat abgelehnt.

Vermeintliche Barmherzigkeit Lukaschenkos

Die Begründung für die Begnadigung Protassewitschs dürfte darin liegen, dass er offenkundig ein gebrochener Mann sei, sagt SRF-Auslandredaktor Callum MacKenzie. Schon bald nach seiner Festnahme am Minsker Flughafen erschien er mehrmals im Staatsfernsehen – teilweise sichtbar gestresst und mit blauen Flecken an Gesicht und Händen. Wie bei einem Schauprozess gestand er seine Schuld und bekundigte seinen Respekt gegenüber Lukaschenko.

Laut MacKenzie ist Protassewitsch nun auf Linie mit dem Regime und stellt damit wohl keine Gefahr für Lukaschenko mehr dar. «So kann der Diktator seine vermeintliche Barmherzigkeit zur Schau stellen und gleichzeitig anderen Oppositionellen zeigen, welcher unfassbare Druck ihnen in Haft drohen könnte», sagt MacKenzie.

SRF 4 News, 22.05.2023, 14:00 Uhr ; 

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