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Chinas neue Stärke «Trumps Strategielosigkeit hat zu einem Machtvakuum geführt»

Der chinesische Staatschef Xi Jinping warnt Taiwan vor Unabhängigkeits-bestrebungen – mit markigen Worten. So sagte er gestern am Volkskongress: China werde nie zulassen, dass auch nur ein Zentimeter des Landes abgetrennt werde. Sollte sich Taiwan dennoch für diesen Weg entscheiden, werde die Insel eine historische Strafe erfahren. Der Journalist Felix Lee schätzt die Lage ein.

Felix Lee

Journalist

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Felix Lee ist Journalist und berichtet aus Peking über China, vor allem für die deutsche «taz». Er wuchs als Kind von chinesischen Eltern in Deutschland auf. Lee studierte Volkswirtschaft und Politik und absolvierte später eine Journalistenschule in Deutschland.

SRF News: Warum schlägt Yi JInping genau jetzt diese starken Töne gegenüber Taiwan an?

Felix Lee: Xi ist es in den letzten fünf Jahren gelungen, seine Macht kräftig auszubauen und zu konsolidieren. Spätestens seit diesem Volkskongress, der gestern geendet hat, sind auch die letzten hohen Posten mit seinen Vertrauten besetzt worden. Seit Mao ist damit in China keiner mehr so mächtig gewesen wie Xi. Der Zeitpunkt ist sehr günstig für ihn und seinen Plan, die Wiedereinverleibung Taiwans nun umzusetzen. Der Zeitpunkt ist aber auch noch aus anderen Gründen günstig.

Welche?

Trumps Strategielosigkeit hat zu einem Machtvakuum in Ostasien geführt. Auch wenn die USA, wie fast alle Staaten der Welt, keine diplomatischen Beziehungen mit Taiwan führen, waren sie doch bislang immer noch die Schutzmacht. Unter Trump ist nun keineswegs sicher, ob die USA diese Aufgabe noch weiter zuverlässig erfüllen wird.

Trumps Strategielosigkeit hat zu einem Machtvakuum in Ostasien geführt.
Autor: Felix Lee Journalist

Zudem hat sich in Taiwan auch innenpolitisch in den letzten Jahren sehr viel verändert. Seit knapp zwei Jahren regiert eine Präsidentin, die sich für die Unabhängigkeit Taiwans einsetzt und damit Peking ständig provoziert. Das ist Xi natürlich ein Dorn im Auge und dem könnte er nun ein Ende setzen wollen.

Ein Bub hält die Flagge von Taiwan in den Händen.
Legende: Auf Taiwan könnten ungemütliche Zeiten kommen. Reuters / Archiv

Xi will den Unabhängigkeitsgelüsten Taiwans den Garaus machen – notfalls auch mit Gewalt. Ist das ihre Einschätzung?

Ich glaube, es wird für Xi gar nicht nötig sein, einen aufwändigen militärischen Konflikt zu führen, um Taiwan zu bezwingen. Er kann sich da viel einfacheren Mitteln bedienen. Denn schon jetzt ist Taiwan wirtschaftlich vom chinesischen Festland extrem abhängig. Zudem ist Taiwan auch abhängig von Gas- und Öllieferungen aus dem Ausland. Für China wäre es sehr leicht diese Handelswege zu blockieren und Wirtschaftssanktionen zu verhängen. Schon wäre Taiwans Widerstand relativ rasch gebrochen.

Schon jetzt ist Taiwan wirtschaftlich vom chinesischen Festland extrem abhängig.
Autor: Felix Lee Journalist

Sollte die taiwanische Regierung trotzdem Widerstand leisten, können dann doch noch recht schnell Soldaten der Volksbefreiungsarmee in einem Coup den Präsidentenpalast in Taipeh einnehmen. Und auch das ist für China kein grosser Aufwand mehr.

Schlussendlich will China dann doch das Ganze mit Gewalt umsetzen?

Ja das ist zu befürchten, aber wie gesagt, ich rechne damit, dass wenn es zu Gewalt kommen würde, wäre das kein langanhaltender militärischer Konflikt.

So oder so: China verhält sich Taiwan gegenüber mit einem sehr selbstbewussten Xi Jinping recht aggressiv. Kann man das auch als Sinnbild dafür nehmen, wie China mit dem Rest der Welt umgehen wird?

Ich glaube nicht, dass das übertragen werden kann. Zwar rüstet China seine Volksbefreiungsarmee weiter auf, doch anders als gegenüber Taiwan und vielleicht auch im südchinesischen Meer, hat China nicht vor, territorial weiter zu expandieren. Wenn es zu Konflikten kommt, dann geht es stets um die Sicherung der Handelswege.

Wir lassen uns – vor allem von der westlichen Welt – nichts mehr vorschreiben.
Autor: Felix Lee Journalist

China sieht sich aber nicht als eine neue Kolonialmacht. Mit was aber der Rest der Welt zu rechnen hat, ist, dass China ganz klar stärker und selbstbewusster auftreten wird als bisher. Und zwar im Sinne von: wir lassen uns – vor allem von der westlichen Welt – nichts mehr vorschreiben.

Das Gespräch führte Susanne Stöckl.

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