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Der ganz alltägliche Rassismus Italienische Holocaust-Überlebende erhält Morddrohungen

75 Jahre nach dem Faschismus: Eine 90-jährige Jüdin wird terrorisiert, dunkelhäutige Sportler mit Affenlauten verhöhnt.

Liliana Segre, Jüdin aus Mailand, ist eine wichtige Zeitzeugin. 1930 geboren, wollte sie 1943 vor der Verfolgung durch Nazis und Faschisten nach Lugano fliehen. An der Grenze aber wiesen sie Schweizer Grenzwächter zurück. Wenig später wurde sie 14-jährig nach Auschwitz deportiert. Und überlebte. Seither kämpft Segre mutig und unermüdlich gegen das Vergessen und gegen Rassismus.

Ich bin zu einem Symbol geworden, das stört.
Autor: Liliana Segre Holocaust-Überlebende und Senatorin

Genau dieser Kampf löst nun, 75 Jahre nach dem Ende des italienischen Faschismus, erneut viel Hass aus. «Ich bin zu einem Symbol geworden, das stört», sagte Segre vor Kurzem in der kleinen Parlamentskammer, der sie wegen ihrer grossen Verdienste als Senatorin auf Lebenszeit angehört.

Liliana Segre
Legende: Mehr als 200 Drohungen erhält Segre jeden Tag, weil sie jüdischer Herkunft ist und weil sie sich prominent gegen den Hass wehrt. Reuters

Der Hass gegen Segre zeigt sich seit Tagen in den sogenannt sozialen Medien. Dort hagelt es Schmähungen, Drohungen, auch Morddrohungen gegen die Holocaust-Überlebende.

Rechte gegen Antirassismus-Motion

Auslöser der verbalen Gewalt war ein Vorstoss Segres im Senat. Sie forderte, eine Parlamentskommission gegen den Rassenhass einzurichten. Ein Vorstoss, dem die Fünf Sterne und die Linke zustimmten, den aber die gesamte Rechte ablehnte. Matteo Salvinis Lega, Silvio Berlusconis Forza Italia und die rechtsnationalen Fratelli d'Italia versuchten vergeblich, diese Kommission zu verhindern.

Salvini
Legende: Angesprochen auf die Drohungen an die Adresse Segres und den Polizeischutz sagte Salvini lapidar, er selber werde ja auch regelmässig bedroht. Reuters

In Italien kommt es oft und schnell vor allem zu verbaler Gewalt. Auch im Parlament. Roberto Calderoli, ein Senator der Lega, bezeichnete einst die erste Ministerin schwarzer Hautfarbe öffentlich als Orang-Utan.

Rassismus gibt es aber auch fast jeden Sonntag bei Fussballspielen. Zuletzt bei einem Match in Verona: Rechtsextreme Tifosi des Clubs Hellas Verona buhten Mario Balotelli aus. Nur weil Balotelli, der für Italiens Nationalelf schon entscheidende Tore schoss, schwarzer Hautfarbe ist.

Balotelli: «Das Problem ist, dass ich Italiener bin»

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Ein Mitspieler tröstet Balotelli
Legende: Keystone

Der dunkelhäutige italienische Fussballspieler Mario Balotelli wurde in der Serie A mehrfach von den Rängen rassistisch beleidigt. Wie viele andere dunkelhäutige Spieler; etwa der belgische Königstransfer von Inter Mailand, Romelu Lukaku.

Zuletzt musste Balotelli am vergangenen Sonntag bei Hellas Verona Schmährufe aus der gegnerischen Fankurve erdulden. Der langjährige italienische Nationalspieler drosch den Ball wutentbrannt in die Ränge und machte Anstalten, den Platz zu verlassen.

«Ich bin nicht anders als alle anderen Spieler, die rassistisch beleidigt werden, die mit Affenlauten eingedeckt werden», sagte Balotelli im Anschluss. «Aber das Problem ist, dass ich Italiener bin.» Ein Anführer der «Ultras» von Hellas Verona, der Hardcore-Anhänger des Klubs, antwortete darauf: «Balotelli ist Italiener, weil er die italienische Staatsbürgerschaft hat. Aber er wird nie richtiger Italiener sein.»

Viele fordern nun, dass Fussballspiele, in denen rassistisch gebrüllt wird, sofort abgebrochen werden. Zu den Opfern von Pöbeleien oder Schmähungen gehören Juden, Schwule, und wie die Attacke auf Balotelli zeigt: auch Afrikanerinnen und Afrikaner, die als Flüchtlinge oder Migranten ins Land kamen. Seit die Grenzen zu sind, bleiben viele dauerhaft in Italien.

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