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Philippinen – Mord im Auftrag
Aus Rendez-vous vom 05.12.2016. Bild: Karin Wenger, SRF
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Drogenkrieg Philippinen Die Vollstrecker der präsidialen Politik kennen keine Gnade

Rodrigo Duterte führt Krieg gegen Drogenkriminelle. Ein Auftragskiller erzählt seine Geschichte.

  • Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte hat Drogenkriminellen den Krieg erklärt: «Ich werde euch alle töten.»
  • Seit seinem Amtsantritt im Sommer 2016 sind beinahe 5000 Menschen im Drogenkrieg umgebracht worden.
  • Ein Auftragskiller erzählt, warum er mit Morden anfing und wie er damit umgeht, Menschen zu töten.
  • Anstelle von Bezahlung erhielt er Drogen – zum Verkauf.

Als Junge war er Messdiener. Seine Mutter wollte, dass er Priester wird. Jetzt ist er Auftragsmörder. Ein Freund habe vor zehn Jahren zu ihm gesagt: «Lass uns gesuchte Personen jagen und dann das Kopfgeld einstreichen.»

Seither habe er achtzehn Personen umgebracht, wie er erzählt. «Ich kenne keine Gnade. Bevor ich sie umbringe, beobachte ich meine Opfer genau. Nur wenn ich sicher bin, dass sie Drogendealer sind, erschiesse ich sie.»

Für die Aufträge sind sie immer zu zwei auf dem Motorrad unterwegs: Der Fahrer fährt nahe ans Opfer, er sitzt hinten und schiesst.

Selber ein Gejagter

Wir treffen den Auftragskiller in einer kleinen Hütte auf der Insel Mindanao. Hier, am Rande eines Reisfelds fühle er sich sicher. Doch er hat den Blick eines Gejagten. Jedes Geräusch schreckt ihn auf, lässt seine Hand an den Gürtel fahren, wo eine Pistole steckt. Eine zweite trägt er in seiner Bauchtasche, zusammen mit einer Bibel.

Er ist Mitte vierzig, hat dunkle Haut und dunkle Augen. Dutertes Drogenkrieg findet er gut. «Seit Duterte Präsident ist, habe ich viel mehr Aufträge. Fünf Personen habe ich seither umgebracht.»

Hinter allen Aufträgen stecke die Polizei und hinter ihr die Regierung. Die Polizei wolle aber selbst nicht töten, weil sie rechtliche Konsequenzen befürchte. Deshalb stellte sie Leute wie ihn an. Eine Behauptung, die sogar vom lokalen Polizeichef in Davao bestätigt wurde: Ja, es sei möglich, dass einige seiner Männer Auftragsmörder anstellten, sagte er im Interview.

Ich hasse dieses Geschäft. Anstatt alle Drogenbosse zu töten, ersetzen wir sie.
Autor: Auftragskiller

Für seinen letzten Mord habe ihm die Polizei 30'000 Pesos, 600 Franken, versprochen. «Doch als ich mein Geld abholen wollte, gaben sie mir zwei Säckchen mit Shabu, 10 Gramm. Sie sagten: ‹Geh, verkauf die Drogen, das ist dein Lohn›.»

Er ist ein Auftragsmörder, der tötet, um das Drogenproblem zu lösen und dabei mit Shabu, dem viel konsumierten Amphetamin-Verschnitt, bezahlt wird. «Ich weiss, das geht nicht auf. Deshalb hasse ich dieses Geschäft. Anstatt alle Drogenbosse zu töten, ersetzen wir sie.»

Nach jedem Mord geht er in die Kirche und zündet eine Kerze an. «Ich bitte um Vergebung, aber am Ende weiss ich, es ist nutzlos, ich habe getötet.»

Dann verspreche er Gott jeweils, dass dies das letzte Mal gewesen sei, dass er aufhören werde, wenn er nur seine Mutter wieder fände.

Ich bitte um Vergebung, aber am Ende weiss ich, es ist nutzlos, ich habe getötet.
Autor: Auftragskiller

Seine Mutter verschwand vor zwei Jahren, nachdem er selbst angeschossen wurde und sich danach versteckte. Er glaubt, die Polizei habe ihn ausschalten wollen und eine andere rivalisierende Gang habe seine Mutter entführt.

Hoffnung auf das schnelle Geld

Er selber schläft keine Nacht mehr, hat keinen festen Wohnsitz, ist ständig in Bewegung. «Es ist schrecklich. Ich bin müde, wirklich müde und immer auf der Hut. Ich will mich ändern, ein normales Leben führen mit meiner Familie.»

Er hatte sich das schnelle Geld erhofft, um damit seiner Familie und seinen Kindern alle Wünsche zu erfüllen. Doch seine Frau hat ihn verlassen und die Kinder mitgenommen.

Ich werde nicht im Gefängnis landen, sondern auf dem Friedhof.
Autor: Auftragskiller

Zudem lebt er in ständiger Angst, gefasst oder umgebracht zu werden. Er habe seinem Bandenchef immer gesagt: «Wenn sie mich schnappen, werde ich Widerstand leisten. Ich werde nicht im Gefängnis landen, sondern auf dem Friedhof.»

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