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Erdogan bleibt Präsident Ein Sieg, aber kein Triumph

Die Stimmen waren noch nicht einmal ausgezählt, da verkündete Recep Tayyip Erdogan schon seinen Sieg. Den konnte ihm am späten Sonntagabend nach dieser Stichwahl auch niemand mehr nehmen.

Sein Herausforderer Kemal Kilicdaroglu hatte keine Chance. Seine Aufholjagd war verpufft. Der kühne Plan nach dem ersten Wahlgang, auf dem gesamten Spektrum Stimmen zu fangen von Nationalistisch bis Kurdisch-Identitär, hatte sich als unmöglich erwiesen. Zu konträr, zu heterogen war am Ende die Wählerschaft, die nur gemeinsam und geschlossen den bisherigen Präsidenten hätte abwählen können.

Für oder gegen Erdogan

Denn in der Türkei entscheiden am Ende zwei Millionen Stimmen über Sieg oder Niederlage – bei 62 Millionen Stimmberechtigten eine überschaubare Ziffer. Doch sie ist gross genug, damit das Land bis auf Weiteres tief gespalten bleibt: für oder gegen Erdogan.

Der alte und neue Präsident hat einfach diese Anzahl von Stimmen mehr, die ihn jetzt erneut und damit in das schon dritte Herrschaftsjahrzehnt gewählt haben.

Keine einfache neue Amtszeit

Doch die neue Amtszeit wird für Recep Tayyip Erdogan nicht einfacher. Die türkische Lira ist nur noch ein Bruchteil ihres Wertes. Die Hyperinflation frisst seit Jahren Volksvermögen und das Geld in den Taschen seiner Landsleute.

Auch wenn der Präsident immer wieder verspricht: Keiner in der Türkei soll seine Arbeit verlieren. Was hilft es, wenn der Lohn für diese Arbeit Familien nicht mehr ernährt, den Preis der wöchentlich steigenden Grundnahrungsmittel nicht mehr deckt?

Kann Erdogan die Teuerungsspirale stoppen?

Diese Teuerungsspirale muss Erdogan jetzt stoppen – auch mit schmerzhaften Änderungen: höhere Zinsen, knapperes Geld, Einsparungen. Der Präsident weiss genau, was Nachbar Griechenland vor über zehn Jahren durchmachen musste, um sich vor dem Bankrott zu retten.

Hat der mächtige und selbstsichere Präsident den Mut und die Kraft, eine ähnliche Rosskur seinen Landsleuten zuzumuten?

Geschenke werden nicht ausreichen

Bislang versuchte Erdogan mit Lohnerhöhungen und Ad-Hoc-Geschenken für z.B. niedrigere Energiepreise seine Anhänger an der Stange zu halten. Was diese Wahlen angeht, ist ihm das noch einmal gelungen.

In den nächsten Jahren aber, in denen dieses Land reformiert werden muss, werden Geschenke nicht ausreichen. Hat Erdogan das Zeug zum Reformpräsident? Will er das? Wir dürfen gespannt sein.

Philipp Zahn

Auslandredaktor

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Philipp Zahn ist Teil der TV-Auslandredaktion von SRF. Davor berichtete er als Korrespondent aus Italien, Griechenland und der Türkei. Zahn studierte Geschichte, Volkswirtschaft und Philosophie in Berlin und Siena.

Tagesschau, 28.05.2023, 22 Uhr

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