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International Menschenunwürdige Zustände im «Dschungel» von Calais

Kälte, Nässe, wacklige Zelte: Die ohnehin prekäre Lage im Flüchtlingslager in Calais ist zunehmend unhaltbar. Jetzt schreitet ein Gericht ein und fordert die Verbesserung der hygienischen Bedingungen. Es sei höchste Zeit, sagt unser Frankreich-Korrespondent.

Die Lage im Flüchtlingslager in Calais ist dramatisch, und verschärft sich mit dem Wintereinbruch zusehends: Die Menschen schlafen in selbstgebauten Zelten, leiden unter Kälte, Wind und Nässe, klagen Hilfsorganisationen und Menschenrechtsaktivisten; auch die Versorgungslage und die hygienischen Bedingungen sollen unhaltbar sein.

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Jetzt hat ein Gericht im nordfranzösischen Lille eine Verbesserung der Bedingungen im «Dschungel» genannten Flüchtlingslager angeordnet. Es fordert die Behörden auf, weitere Wasserstellen und Latrinen einzurichten, Müllsammelstellen zu schaffen und das Lager grundlegend zu reinigen.

Dies alles muss binnen acht Tagen geschehen, ansonsten werden für jeden Tag Verzögerung hundert Euro Strafe fällig. SRF-Frankreich-Korrespondent Charles Liebherr war im Sommer in Calais. Er schildert, was die französische Justiz zu ihrem Einschreiten bewegte.

SRF News: Was bedeutet der Gerichtsentscheid für die Regierung – was muss sie genau tun?

Charles Liebherr

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Seit 2014 ist Charles Liebherr Frankreich-Korrespondent von Radio SRF. Er studierte in Basel und Lausanne Geschichte, Deutsche Literatur- und Sprachwissenschaft sowie Politologie. Davor war er beim Schweizer Radio unter anderem als Wirtschaftsredaktor tätig.

Das Gericht verordnet nur das, was bei gesundem Menschenverstand schon lange hätte getan werden müssen. Nicht mehr und nicht weniger.

Die französische Regierung hat für Donnerstag ein Sondertreffen der zuständigen Ministerien angekündigt. Was kann man davon erwarten?

Es geht endlich um die Konkretisierung alter Versprechen. Das Innenministerium hat versprochen, bis Ende Jahr Notunterkünfte für 1500 Flüchtlinge in Calais zu errichten. Es will auch die vom Gericht angeordneten Massnahmen betreffend der Hygiene rasch umsetzen. Das Problem dabei ist, dass die ganze Planung auf viel zu tiefen Zahlen basiert – vielleicht auf 2000-3000 Flüchtlingen. Heute sind es aber mindestens doppelt so viele.

Wie muss man sich die hygienische Situation im Lager genau vorstellen, ist es wirklich so schlimm?

Ich habe das Lager im Frühsommer dieses Jahres besucht. Der Boden war trocken und es war relativ warm. Es hausten dort etwa 2000 Flüchtlinge. Schon dann standen einem die Haare zu Berge, wenn man sah, unter welchen misslichen Verhältnissen die gestrandeten Flüchtlinge dort leben. Nun ist alles noch unhaltbarer geworden: Das Wetter ist schlecht, der Boden ist nur noch Schlamm. Die Situation hat sich dramatisch verschlechtert.

Trotzdem bleiben viele Flüchtlinge zum Teil monatelang in diesem Lager, warum?

Durchgangsstation

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Während früher die meisten Flüchtlinge aus Afrika kamen, leben inzwischen auch Iraker, Iraner und Syrer im «Dschungel». Darunter sind auch viele Familien mit Kindern. Sie versuchen nach Grossbritannien zu gelangen. Weil dies wegen der verstärkten Sicherheitsmassnahmen schwieriger geworden ist, strandeten zuletzt immer mehr Flüchtlinge in Calais.

Weil sie nur eines im Kopf haben: Sie wollen mithilfe eines Schleppers oder aus eigener Kraft in einen Lastwagen oder Zugwaggon gelangen, um in Grossbritannien einen Asylantrag stellen zu können. Gemäss Hilfsorganisationen wollen acht von zehn Flüchtlingen nicht in Frankreich bleiben. Darum wollen sie dort auch kein Asylgesuch stellen.

Angesichts dieser prekären Zustände: Reichen ein paar mehr WCs, ein paar mehr Wasserhähne, um die Situation im Lager wesentlich zu verbessern?

Natürlich nicht. Es bräuchte ein gut organisiertes Auffanglager. Das fordern nicht nur Hilfsorganisationen, sondern auch die Bürgermeisterin von Calais schon lange. Es braucht ein Lager, das nicht für 1500, sondern für 5000-6000 Flüchtlinge konzipiert ist. Die Regierung in Paris will das aber nicht. Sie befürchtet, dass dadurch eine Sogwirkung entstehen und noch mehr Migranten angezogen werden könnten.

Mit all den damit verbundenen Problemen, die man auch nennen muss: Gewalt und Rivalitäten unter den verschiedenen Flüchtlingsgruppen etwa. Die Situation ist aber heute schon so unhaltbar, dass Pragmatismus und nicht politisches Kalkül angebracht wäre.

Das Gespräch führte Susanne Schmugge.

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